Auf der Suche nach dem Ich

BERLIN. Die Robert-Ludlum-Verfilmung "Die Bourne-Identität" schwang sich völlig unerwartet zu einem der größten Kinohits des Jahres 2002 auf. Nun schlüpfte Oscar-Preisträger Matt Damon erneut in die Haut des Agenten Jason Bourne. Damon erzählt von den Dreharbeiten.

Matt, vor zwei Jahren haben Sie noch gesagt, Sie könnten sich nicht vorstellen, eine Fortsetzung von "Die Bourne-Identität" zu drehen. Was hat Sie umgestimmt? Damon: Es war eindeutig die Mitwirkung von Regisseur Paul Greengrass. Sein Film "Bloody Sunday" (Anm.: der Gewinner des Goldenen Bären der Berlinale 2002) ist einer meiner Lieblingsfilme der letzten zehn Jahre. Ich saß mit Paul zusammen, und er erläuterte mir seine Vision von diesem Film, der für mich in diesem Moment lebendig wurde. Es gibt in diesem Drehbuch drei Höhepunkte, die wirklich einzigartig sind und das Sequel zu etwas Besonderem machen. Zunächst einmal stirbt Franka schon im ersten Akt auf sehr schockierende Weise. In einer typischen amerikanischen Fortsetzung würde so etwas nie passieren, schon gar nicht am Anfang. In Akt zwei habe ich diesen Flashback, in dem ich entsetzlich kaltblütig einer Frau ins Gesicht schieße. Das tut der Protagonist eines amerikanischen Filmes eigentlich nicht. Und auch die Schlussszene kommt völlig unerwartet. Der Film "Die Bourne-Verschwörung" entstand zu einem großen Teil in Berlin. Haben Sie dort neue Erfahrungen gesammelt? Damon: Nein. Natürlich ist es etwas anderes, ob man sechs Monate in Prag dreht oder in St. Louis. Jede Stadt ist verschieden. Aber das Filmbusiness ist überall gleich. Dieser Film hat mich nach Prag geführt, nach Berlin, Moskau und nach Indien. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, an Filmsets zu sein, an denen vier oder fünf unterschiedliche Sprachen gesprochen werden. War es schon immer Ihr Wunsch, Schauspieler zu werden? Damon: Ich hatte dieses Ziel schon immer. Ich habe in Harvard studiert, um später in Yale die Schauspielschule besuchen zu können. Ich war kein sehr guter Schüler, aber ich hatte meinen Entschluss gefasst, als ich vierzehn Jahre alt war. Von da an habe ich zielgerichtet darauf hingearbeitet und die Schule sehr ernst genommen. Das Publikum sieht Sie lieber als Action-Helden und weniger als Komödianten. Ärgert Sie das? Damon: Alles hängt von deinen Filmen ab. Drehst du einen guten Film, akzeptiert dich das Publikum in dieser Rolle, unabhängig vom Genre. Schauen Sie sich Leute wie Tom Hanks an. Zunächst sah ihn jeder als diesen Typen, der immer die romantischen kleinen Komödien macht. Ein paar Jahre später drehte er etliche große Filme und räumte die Oscars ab. Heute ist er einer der größten amerikanischen Schauspieler. Halten Sie bewusst Ausschau nach Drehbüchern, die es Ihnen ermöglichen, andere Facetten Ihrer Schauspielkunst zu zeigen? Damon: Ja, definitiv. Gute, komplizierte Drehbücher sind selten. Die Rolle als "Der talentierte Mr. Ripley" war beispielsweise eine sehr komplexe. Nun liegt sie schon sechs Jahre zurück. Die Wahrheit ist, dass die Charaktere eines Filmes immer simpler werden, je teurer die Produktion ist. "All die schönen Pferde" ist ein gutes Beispiel dafür. Der Film hatte ein Budget von 50 Millionen Dollar. Hätte man nur die Hälfte investiert, hätte Regisseur Billy Bob Thornton den Film machen können, den er wollte. Seine Fassung war drei Stunden und zwölf Minuten lang. Das war den Investoren zu lang, sie schnitten den Film auf zwei Stunden zusammen. Das musste ein Desaster werden. Welche Chancen sehen Sie für Franka Potente in Hollywood? Damon: Sie hat mit "Die Bourne-Identität" einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erreicht. Sie ist eine großartige Schauspielerin und sie kann über ihre Karriere mittlerweile selbst bestimmen. Dass sie nun wieder nach Berlin gezogen ist, spielt dabei keine Rolle. Ich lebe ja auch nicht in L.A.. Die Welt des Filmgeschäfts ist so klein, dass man von überall aus arbeiten kann. Für Frauen ist dieses Geschäft allerdings wesentlich schwieriger. Für sie gibt es viel weniger Rollen. Viele Schauspieler sitzen zu Hause und warten auf eine große Rolle. Das war auch der Grund dafür, warum Ben Affleck und ich den Film "Good Will Hunting" geschrieben haben. Niemand hat uns einen Job gegeben. Mit Matt Damon sprach unser Mitarbeiter André Wesche

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