Ausgangspunkt von Jean-Baptiste Adamsbergs Ermittlungen sind zwei vermeintliche Selbstmorde alter Menschen in und bei Paris. Zunächst einer ehemaligen Mathematiklehrerin, dann eines Schlossherrn. Beide haben kurz vor ihrem Ableben ein seltsames Zeichen gemalt, das einer Guillotine ähnelt. Adamsberg findet auf seine unnachahmliche Weise mit seinem schrulligen Team vom 13. Pariser Arrondissement heraus, dass die beiden zehn Jahre zuvor zu einer Touristengruppe gehörten, die mehrere Tage vor Island im Nebel eingeschlossen war. Zwei Teilnehmer erfroren angeblich im ewigen Eis. Doch das will Adamsberg nicht glauben ... Er geht der Sache auf den Grund. Und zwar mit oft recht vertrackten Methoden. Fred Vargas, die zurzeit bekannteste Krimiautorin Frankreichs (Jahrgang 1957), heißt im richtigen Leben Frédérique Audoin-Rouzeau und ist von Beruf Archäozoologin mit dem Schwerpunkt Mittelalter. So verwebt sie Recherchiertes mit beinahe Magisch-Mystischem. Von eigentlich zwei regelrechten Eiszeiten handelt "Temps glaciaires", wie der Krimi im französischen Original heißt. Neben dem isländischen Eis führt Vargas die Leser zurück zur blutig wütenden Französischen Revolution. In Paris machen Adamsberg & Co. eine äußerst mysteriöse Robespierre-Gesellschaft ausfindig. Deren Mitglieder haben regelmäßige Treffen, bei denen sie kostümiert und in wechselnden Rollen die grausam ausufernden Tage der Revolution nachspielen. Vargas verknüpft die Handlungsfäden der zunächst abwegig erscheinenden Erzählstränge äußerst geschickt. Ihre Charakterzeichnungen sind amüsant beziehungsweise äußerst genau. Ein spannendes Lesevergnügen! Jörg Lehn Vargas, Fred: "Das barmherzige Fallbeil". Aus dem Französischen von Waltraud Schwarze, 508 Seiten, gebunden, Limes Verlag 2015, 19,99 Euro.