Aufruf zum Hornberger Schießen

DORTMUND. Eine Quote für deutschsprachige Musik in den deutschen Radiosendern hat der Verein Deutsche Sprache gefordert. Keine neue Idee - und vor allem keine gute.

Nur jeder 17. im deutschen Rundfunk gesendete Titel werde in deutscher Sprache gesungen, beklagten die "Gema-Nachrichten" im November vergangenen Jahres; das seien gerade einmal sechs Prozent. Deshalb forderte das Blatt - nicht zum ersten Mal - eine Musikquote zugunsten deutscher Künstler und Schlager. Mit ihrem Begehr steht die "Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte" allerdings nicht allein. Heinz-Rudolph Kunze ist für eine Quote, Ex-Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin hat sich ebenso wie Bundestagspräsident Wolfgang Thierse dafür stark gemacht - und ist damit zum Freund des Deutschen Rockmusikerverbands geworden, die einen flammenden Brief an die Ministerpräsident(inn)en der Länder geschickt haben, in denen sie ihrer Forderung nach "qualifizierenden Förderprogrammen" für einheimische Künstler Nachdruck verleihen. Jüngste Stimme im Quotenqualm: der Dortmunder "Verein Deutsche Sprache". Dessen Vorsitzender Walter Krämer plädiert für einen prozentual fixierten Anteil deutschen Schlagergutes bei den Radiosendern und sorgt damit für eine laue Brise in der alljährlichen kulturellen Sommerflaute in den Feuilletons. "Was für ein Blödsinn!" stöhnt dagegen der Berliner Konzertveranstalter Berthold Seliger und weiß sich damit auf einer Linie mit den "Wildecker Herzbuben" (!): "Wir sind gegen jede Quotierung, die versucht, mit Gewalt nationale Bedürfnisse zu befriedigen", sagen die Volksmusik-Stars, die derlei Unterstützung von der Phono-Wirtschaft nicht nötig haben: Sie sind ohnehin gut im Geschäft. Frankreich wird als Vorbild von den Quotenbefürwortern genannt. Um dem musikalischen Imperialismus vorwiegend englischsprachiger Provenienz ein Ende zu bereiten, haben die Pop-Puristen der Grande Nation im Jahre 1995 dem Übermaß fremder Idiome einen Riegel vorgeschoben. 40 Prozent der Musik, die in französischen Rundfunksendern ausgestrahlt wird, müsse französisch sein, lautete die Forderung. Wer dagegen verstößt, muss mit drakonischen Strafen rechnen - in der Theorie. In der Praxis wäre es wohl viel zu aufwändig, die minutiöse Einhaltung dieser Maßnahme zu kontrollieren. Frank Laufenberg, SWR-Redakteur und anerkannter Pop-Experte, hält dagegen: "Hörer lassen sich nicht manipulieren", sagt er - und verweist auf die Erfolge von Radio Luxemburg und Piratensendern wie "Radio Caroline", denen in den 1960er Jahren junge deutsche Radiohörer in Scharen zuliefen, weil sie vom deutschsprachigen Schlagereinerlei die Ohren voll hatten. Die Profiteure einer solchen Quotierung wären also letztlich nur jene Sendeanstalten und Programme, die das spielen, was die Hörer wollen. Daher wird der neuerliche Vorstoß des Vereins Deutsche Sprache wieder ausgehen wie das Hornberger Schießen. Befürworter und Gegner solcher Gedankenspielereien wissen nämlich genau: Letztlich schlägt die Qualität die Quote. Und die lässt sich nun mal nicht qua Gesetz verordnen.

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