Aufstände gegen die Macht

Quizfrage: Vom wem ist hier die Rede? Ein verhasster König, der das gemeine Volk verachtet. Ein Mann der Macht, der alles, was ihm im Weg steht, zerbricht und am Widerstand seiner Gegner nur wächst.

Ein twitternder Blinder, der alles zu wissen glaubt und die Stimmen der Massen stiehlt, weil er keine eigene hat. Eine Showfigur, die ihr wahres Gesicht nie zeigt. Ein nach Geld gierender Herrscher, der sich im vergoldeten Aufzug direkt in den Himmel katapultiert hat. Es ist die Figur, mit der sich Elfriede Jelinek, Literaturnobelpreisträgerin, in ihrem neuen Stück "Am Königsweg" auseinandersetzt. Sie hat darin eine blinde, an die Muppet-Figur Miss Piggy erinnernde Seherin zum Leben erweckt, um die Ein- und Ausfälle des US-Präsidenten zu deuten. Und statt die Uraufführung im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg im Oktober abzuwarten, hat Jelinek ihren provokativen Kommentar Donald Trump dort sozusagen gleich vor der Haustür abgeliefert - am Montag wurde die stark gekürzte Fassung in englischer Übersetzung am Segal Theatre in New York vorgestellt. Von dort bis zum Wolkenkratzer des früheren Baulöwen an der Fifth Avenue sind es nur wenige Minuten zu Fuß. Nicht umsonst hat Jellinek dabei Motive vom Häuserbauen und Schuldenmachen in vielen Passagen des Stücks verwoben.
Es ist eine "Zukunft, die keine mehr ist", meint Jelinek, die das Stück am Tag nach der Wahlnacht im November zu schreiben begann. "Alles ist auf den Kopf gestellt, ein Loch hat sich aufgetan. Etwas fehlt, aber es wird sicher bald gefüllt werden." Womit? Eine Antwort ist auch der Protest der Kulturschaffenden gegen den amtierenden US-Präsidenten. So wollen mehr als 180 Arthouse-Kinos in den USA am 4. April den Film "1984" aus dem Jahr 1949 zeigen, der auf dem gleichnamigen Roman von George Orwell basiert. Er soll in 165 Städten in den USA sowie in einigen Kinos in Kanada, Großbritannien, Schweden und Kroatien gezeigt werden. "Orwells Darstellung einer Regierung, die ihre eigenen Fakten fabriziert, totalen Gehorsam fordert und ausländische Feinde dämonisiert, war nie aktueller", schreiben die Organisatoren.
Solche Möglichkeiten des Kulturbetriebs, sich lautstark einzumischen, stehen in Vorpommern derzeit auf der Kippe. Dem Theater mit Häusern in Stralsund, Greifswald und Putbus droht die Insolvenz zum 1. April. Hintergrund ist der Tarifstreit für die 276 Mitarbeiter. aheu/dpa

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