Augen zu, Ohren auf!

TRIER. Beim diesjährigen "Opening"-Festival in der Tuchfabrik ging‘s besonders ums Lauschen und Horchen. An vier Tagen wurde ausgiebig multimedial gefeiert - mit Performances, Hörspielkonserven und einen Hörspielworkshop.

 Wagner für Erwachsene: eine nicht ganz ernst gemeinte Hommage von Mike Svoboda.Foto: Oliver Ruf

Wagner für Erwachsene: eine nicht ganz ernst gemeinte Hommage von Mike Svoboda.Foto: Oliver Ruf

Diesmal drehte sich alles ums Ohr. Während im vergangenen Jahr vor allem Video-Produktionen im Vordergrund gestanden hatten, sollte sich "Opening! 04" nun vor allem mit Schall und Hall, gesprochener Sprache und Neuer Musik beschäftigen. Damit kamen die Veranstalter Katharina Bihler und Stefan Scheib, die erneut in Zusammenarbeit mit Christina Hennes vom Tufa-Büro die viertägige Multi-Media-Veranstaltungsreihe im Haus der Tuchfabrik konzipiert und organisiert hatten, zu ihren Wurzeln zurück. Denn Bihler und Scheib haben sich als "Liquid Penguin Ensemble" mittlerweile in der deutschen Hörspielszene einen Namen gemacht. Für das fünfjährige Jubiläum des "Opening"-Festivals hatten sie nur Künstler und Künstlerinnen eingeladen, bei denen es vor allem ums Hören ging. So kombinierte "To Be Sung", ein junges Ensemble aus den Niederlanden, Neue Musik und experimentellen Tanz auf beeindruckende Weise. Sebastian Gramss‘ Formation "Speeech- bloow" vertonte Texte aus der Zeitung, dem Fernsehen oder dem Radio. Prominente Stars und vermeintlich beliebte Politiker haben sie irgendwann einmal gesagt. Im kleinen Tufa-Saal wurden sie von Anna Lindblom rezitiert. Dazu spielte Sebastian Gramss, Komponist und Kopf der Gruppe, den Kontrabass. Und Robert Schleisiek sorgte am Keyboard für den akustischen Teppich. So entlarvte das Trio eindringlich die Sprachwahl in Politik und im Boulevard: Gesellschaftskritik einmal ganz musikalisch. Nachts zuvor gab es John Cages Radio-Poesie-Hörstück "Roaratorio" (WDR 1979), in dem fast 3000 Klänge der in James Joyces‘ Werk "Finnegans Wake" erwähnten Örtlichkeiten verarbeitet und durch irische Balladen und Instrumentalmusik ergänzt werden. Eine weitere Hommage an John Cage hatten bereits Cornelia Melián (Stimme) und Sabine Liebner (Piano) von der "Micro Oper München" mit ihrem Programm "Cage up 2" am Freitagabend geboten.Ein Komponist wird hemmungslos zerlegt

Nahezu ausgebucht war der große Tufa-Saal am Samstag beim Höhepunkt des "Opening": "14 Versuche, Wagner lieben zu lernen" ist das verjazzte Experiment, den Opern-Schöpfer Richard Wagner hemmungslos zu zerlegen. Der amerikanische Posaunist Mike Svoboda und sein Quartett "Adult Entertainment" gaben allerlei historische Dokumente zum Besten - etwa Wagners Brief an den jungen König Ludwig oder Sätze des italienischen Futuristen Marinetti per Megaphon. Dabei erzeugten sie ein prächtiges Klang- Spektakel, aus dem klug interpretierte und improvisierte Motive der "Meistersinger" ebenso heraus zu hören waren wie "Tristan und Isolde" oder "Tannhäuser". Laut Stefan Scheib blieben die Zuschauerzahlen im Vergleich zu 2003 konstant. Auch im fünften Jahr ist das Publikum dem "Opening"-Festival treu geblieben.

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