Bach erträgt alles

Trier. Einen Klavierabend unter der Überschrift "Bach universal" gab es im Rahmen der Freitagskonzerte des bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums in Trier. Gleich vier Interpreten, allesamt Studenten des künstlerischen Leiters der Konzerte, Wolfgang Manz (Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg), gestalteten einen Abend mit Originalwerken des Thomaskantors und Bearbeitungen des 20. Jahrhunderts.

Der Abend erinnerte ein wenig an die Worte des Apostels Paulus in der Bibel, wo es heißt: "Die Liebe erträgt alles." Die Bach'sche Musik erträgt auch nahezu alles, ohne ihren inneren Wert, ihren Glanz zu verlieren. Sie erträgt die falschen Erläuterungen eines Klavierprofessors zur Problematik der Stimmung, wenn Manz in seinen Werkerläuterungen Andreas Werckmeister als den Erfinder der "gleichschwebenden Temperatur" benennt, was faktisch falsch ist. Sie erträgt es auch, wenn er die "wohltemperierte Stimmung" mit der "gleichschwebenden" gleichsetzt, obwohl Welten zwischen den beiden liegen. Bachs Werke ertragen es zudem, wenn Studenten sich mit nicht nachvollziehbarem Pathos an seine Englische Suite in A-Dur, BWV 806 (Ninette Hofmann) und an die Französische Suite G-Dur, BWV 816 (Tina Zeller) heranmachen. Wenn sie, wie in der Windstrasse gehört, auf technisch hohem Niveau gespielt werden, erstrahlen sie trotzdem und entlarven all die Stellen, an denen das Verständnis der barocken Leichtigkeit, aber auch der kompositionstechnischen Nüchternheit fehlt. Am ehesten näherte sich der barocken Tonsprache, soweit das auf einem modernen Konzertflügel möglich ist, Lisa Maria Schachtschneider mit den Präludien und Fugen in F-Dur und E-Dur aus dem "Wohltemperierten Klavier". Einen wahren Tastenlöwen hatte Manz mit dem jungen Koreaner Jin San Lee mit an die Mosel gebracht. Er explizierte sich auf Bearbeitungen Bach'scher Werke durch Myra Hess ("Jesu bleibet meine Freude") und Wilhelm Kempff ("Wachet auf, ruft uns die Stimme") sowie Ferruccio Busonis Fassung der Violin-Chaconne und von Toccata und Fuge in d-Moll, dem berühmten BWV 565. Allein schon die Technik, mit der er den Werken zu Leibe rückte, war alle Anerkennung wert. Die Energie allerdings, mit der er den Notentext in die Tasten eingab, quittierte der Flügel an etlichen Stellen nicht mehr mit Wohlklang sondern eher mit einem unwilligen Scheppern. Das aber ertrug das Publikum und ließ sich vom ausdauernden Beifall für alle vier Interpreten nicht abhalten.

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