Bestsellerautor Jan Weiler: „Dreharbeiten sind langweilig“

München · Mehr als 1,7 Millionen Exemplare des Werkes „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“, das sich irgendwo zwischen Dichtung und Wahrheit bewegt, gingen über den Ladentisch. Nun wurde der Bestseller von Jan Weiler verfilmt, mit Christian Ulmen und Lino Banfi in den Hauptrollen. Im Interview verrät er, wie der Streifen ihm gefällt.

Jan Weiler, Jahrgang 1967, blickte auf eine Laufbahn als Werbetexter, Journalist und Chefredakteur des SZ-Magazins zurück, als er sich dazu entschloss, sein erstes Buch zu Papier zu bringen. „Maria, ihm schmeckt´s nicht!“ gibt humorvolle Episoden aus dem bewegten Familienleben des Erzählers preis. Wie der Autor selbst erwählt sich der Romanheld eine Halbitalienerin zur Frau und muss sich mit der Überdosis italienischer Lebensart in Gestalt des Schwiegervaters auseinandersetzen.

Herr Weiler, mögen Sie die Verfilmung Ihres Buches?
Weiler: Ja, sehr. Es ist ein schöner Film geworden. Ich hoffe, dass er beim Publikum gut ankommt. War schließlich auch genug Arbeit.

Wir tun uns oft noch ein bisschen schwer mit der multikulturellen Gesellschaft. Wenn ein Buch wie Ihres so gut funktioniert, dann sieht man, wie groß das Interesse an diesem Thema ist. Wo sehen Sie in Deutschland Handlungsbedarf?
Weiler: Wir müssen endlich akzeptieren, dass wir in einem Einwanderungsland leben und dass die vermeintlichen Ausländer und erst recht deren Kinder längst Inländer sind, auch wenn sie andere Traditionen leben als wir. Neulich sagte doch mein Schwiegervater tatsächlich, dass in der deutschen Fußball-Nationalelf fast nur Ausländer spielten. Ausgerechnet! Dabei ist seine Tochter, meine Frau, genau so ein Fall: Sie ist als Kind eines Ausländers in Deutschland geboren und aufgewachsen. Und damit Deutsche. Irgendwie scheint das bei uns immer noch ein Thema zu sein.

Inwiefern war das Schreiben damalsfür Sie ein kathartischer Prozess?
Weiler: Das Schreiben hatte insofern eine kathartische Wirkung auf mich, als dass ich tatsächlich erst dabei diese Zusammenhänge richtig begriffen habe. Ich habe seitdem ein viel größeres Verständnis für die Schwierigkeiten der damals so genannten Gastarbeiter und ihrer Nachkommen. Und mir wurde klar, wie wichtig die Auseinandersetzung mit dem Thema Familie für uns alle ist. Die Familie ist das Wichtigste.

Welche Erfahrungen haben Sie nun in der geldgierigen und skrupellosen Filmindustrie gesammelt?
Weiler: Das ist tatsächlich eine mir sehr fremde und seltsame Welt, mit der ich auch nur wenig anfangen kann. Schon die Sprache ist so kompliziert, da vermischt sich ständig Marketingkauderwelsch mit Filmkunstsprache. Aber ich hatte auch mit sehr angenehmen Menschen zu tun, den Produzenten Jakob Claussen würde ich aus dieser Kritik zum Beispiel ausnehmen.

Fiel es Ihnen in der Zusammenarbeit mit dem Co-Autor des Drehbuches Daniel Speck manchmal schwer, loszulassen?
Weiler: Zu Beginn auf jeden Fall. Aber Daniel ist ein toller Lehrer, und dann siegt irgendwann die Einsicht in bestimmte Notwendigkeiten beim Drehbuchschreiben. Ich bin sicher, dass wir nur in dieser Kombination einen guten Film haben hinkriegen können.

Stimmt es, dass Christian Ulmen Ihr Wunschkandidat für die Hauptrolle des Jan war?
Weiler: Ja, das stimmt. Schon beim ersten Treffen mit dem Produzenten habe ich mir Christian für die Rolle gewünscht, das war im Februar 2004. Für mich gab es nie einen Zweifel, dass er der Beste wäre. Und das Drehbuch haben wir auch immer mit ihm vor Augen geschrieben.

Waren Sie häufig am Set zugegen?
Weiler: Ich war in Italien und in München dabei, habe dort auch eine kleine Rolle übernommen. Ausgerechnet beim Dreh in meiner niederrheinischen Heimat konnte ich dann aber nicht, da war ich im Urlaub. Übrigens sind Dreharbeiten ganz schön langweilig. Es wird stundenlang eingerichtet und ausgeleuchtet, dann kommen die Schauspieler, es wird kurz gedreht und dann wieder stundenlang umgebaut. Selbst für einen Laien verliert sich die Aufregung spätestens am dritten Tag.

Gab es Episoden, die aus verschiedenen Gründen nicht den Weg ins Buch gefunden haben?
Weiler: Ja, absolut. Im zweiten Teil des Romans, „Antonio im Wunderland“, kommt zum Beispiel eine Szene vor, in der sich der Erzähler einen rostigen Nagel in den Fuß reißt. Er will aber nicht ins Krankenhaus, weil er Angst davor hat, in Süditalien nicht korrekt versorgt zu werden. Im Buch stellt er dann fest, dass es in den dortigen Krankenhäusern völlig normal zugeht. Tatsächlich schlossen damals aber dort einige Krankenhäuser wegen mangelhafter Hygiene. Ich habe das im Buch nicht erwähnt, weil ich dachte, dass man mir negative Stimmungsmache vorwerfen würde.

Wie und wann erhält man die Nachricht, dass man einen Bestseller gelandet hat?

Weiler: Das ist ja nicht genau definiert. Da ruft also niemand an und sagt: Hallo, Sie haben jetzt einen Bestseller geschrieben. Es ist eher so, dass man Woche für Woche auf die Bestsellerliste schaut und nach und nach feststellt, dass das Buch immer drauf bleibt. Irgendwann ruft man selber beim Verlag an und fragt, ob das nun ein Bestseller ist und die antworten: "Jaja, so ist das wohl." Leider gibt es dafür aber nicht so etwas wie die goldene Schallplatte bei der Musikindustrie. Eigentlich schade.

An welchem Buch hängt Ihr Herz besonders?

Weiler: Natürlich an „Maria“, denn es war das erste. Und an meinem letzten Roman, „Drachensaat“. Das ist das Buch, dass ich wirklich immer schreiben wollte. Ohne „Maria“ wäre es vielleicht nie dazu gekommen. Aber auf „Drachensaat“ bin ich echt stolz.

Woran arbeiten Sie derzeit?

Weiler: Im Moment beschäftige ich mich in erster Linie mit den Kolumnen (Anm.: „Mein Leben als Mensch“, www.janweiler.de). Sie brauchen auch viel Zeit und Hege. Einen neuen Roman gibt es erst 2011, hoffe ich jedenfalls. Es gibt noch so viel zu tun ...

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