Bewegung im Reich der Mitte

TRIER. Künstlerischer Ost-West Dialog: Interessant aber viel zu kurz ist die Ausstellung über chinesische Kunst, die derzeit im Thermenmuseum in Trier zu sehen ist.

"Das Interesse an der Kunst ist groß in China," sagt He Yang. Mit zwei anderen Kollegen ist der weißhaarige Künstler und Kunstprofessor aus Peking für ein paar Tage nach Trier gekommen, wo ihre Bilder für zwei Wochen im Thermenmuseum am Viehmarktplatz zu sehen waren. Keine Frage: Es bewegt sich künstlerisch etwas im Reich der Mitte. Nach den düsteren Jahren der Kulturrevolution ist die chinesische Kunst einmal mehr zu neuen freiheitlichen Ufern aufgebrochen, wie damals in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts, als Chinas Künstlerschaft in Aufbruchstimmung war. Wie ehedem spielt auch heute bei der Öffnung nach Westen Shanghai eine wichtige Vorreiterrolle. Frischer Wind weht ins Land aus dem Paris des Ostens. Das belegen nicht zuletzt die großen Ausstellungen im vorigen Jahr. Zahllose Internet-Seiten chinesischer Galerien eröffnen Kunstfreunden überdies spannende Reisewege zur landeseigenen zeitgenössischen Kunst. "Überall in den großen Städten ist westlicher Einfluss spürbar," bestätigen Yang und seine Kollegin Wu Xi, mit der er in Peking eine Kunstakademie gegründet hat. Die Lust am westlichen Vorbild drücke sich auch in der Architektur aus, stellt Wu Xi eher bedauernd fest. Niemand wolle mehr in den traditionellen eingeschossigen Häusern wohnen. Lust am Bild besteht auch sonst. Viele tausend Studenten schrieben sich Jahr für Jahr an den Kunsthochschulen des Landes ein, berichtet Professor Ding Guanjia aus der südlichen Großstadt Nanjing. Auch wenn die drei Professoren maßgeblich an der Entwicklung einer freien Kunst in China beteiligt sind, fest steht für sie dennoch: "Zunächst sollten die Studenten die traditionellen Techniken ihrer Kultur lernen wie etwa Tuschzeichnung und Holzschnitt." Natürlich bestehe bei den jungen Leuten großes Interesse an den neuen westlichen Medien und Verfahren. Gleichwohl gilt: "Sie müssen beides beherrschen." Wirklich frei bei der Wahl ihrer Mittel und Inhalte wären am Ende längst nicht alle Künstler beklagt Yang. Allzu oft werde den Künstlern noch obrigkeitlich vorgeschrieben, was und wie sie zu arbeiten hätten. "Die Proteste junger Künstler letztes Jahr in Shanghai, waren die Folge solcher Unfreiheit", sagt Yang. Dass der kulturelle Austausch zwischen Ost und West weiter vorangetrieben werden muss, steht für die Gäste aus Fernost fest. Sie selbst haben den künstlerischen Ost-West Dialog längst im eigenen Werk verwirklicht. So setzt Ding in seiner subtilen Landschaftsmalerei mit impressionistischen Mitteln um, was die alten chinesischen Meister als Einklang von Natur und Seele anstrebten. Allerdings: Noch bleibe die künstlerische Öffnung weithin Programm, bestätigen die Maler. "Aber wir sind auf einem guten Weg." Den bildhaften Ost-West Dialog sollte man auch in Trier fortsetzen, dann aber länger als magere 14 Tage. Info: Die drei Künstler sind heute noch während der Ausstellungszeiten im Thermenmuseum anwesend.

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