"Bloß das Staunen nicht verlernen"

TRIER. Konstantin Wecker, Komponist, Buchautor, Liedermacher, gastiert am Samstag im Theater Trier. Das Konzert im Rahmen der Antikenfestspiele wird präsentiert vom Trierischen Volksfreund.

Den ersten Ausreißversuch startete er als 13-Jähriger - von Mün- chen nach Augsburg, ausgerechnet. Sein Ziel: ein freier Dichter werden wie Georg Trakl, das bewunderte Vorbild, unter Brücken leben, Gedanken und Verse auf Zettel notieren. Das Abenteuer endete einen Tag später, und Konstantin Wecker war wieder daheim bei den Eltern. Später hat er‘s dann mit Italien probiert - bis zum Grenzübergang Kiefersfelden ist er gekommen. "Eigentlich wollte ich nur wohin und von nichts weg", resümiert er im Gespräch mit dem TV die frühen Ausbruchsversuche - jedenfalls nicht weg aus dem Elternhaus, in dem er sich sehr wohl fühlte und wo er dem Vater nacheiferte: Opernsänger wie er wollte er werden oder Dirigent oder Komponist. Doch dann kam Janis Joplin, und alles wurde anders. "Ihre Musik hat mich völlig gepackt und in ein ganz neues Lebensgefühl hineingestürzt." Und ihn sozusagen auf den dritten Weg geführt. Mit der Popmusik hatte Wecker nie etwas anfangen können. Aber die so genannte ernste Musik erschien ihm auf einmal auch nicht mehr als das richtige Medium, um auszudrücken, was ihn bewegte. Dazu brauchte es vor allem Worte, und denen sollte sich die Musik fügen: "Ich will dem Text gemäß komponieren", erläutert Wecker und greift nach hohen Vorbildern: "Schubert und Wolf haben bei ihren Liedvertonungen ja auch nicht gesagt, ich komponiere jetzt große Musik, sondern haben den Worten gedient." Und da die rechten zu finden, fällt auch Konstantin Wecker nicht immer leicht: "Ich muss warten, bis sie mir passieren, bis ein Gedanke, eine Idee aus mir herauswill. Mich hinsetzen und einen Liedtext schreiben, das funktioniert nicht. Bei der Musik ist das etwas anderes; da kann ich in der Früh zu spielen anfangen, und irgendwann habe ich ein Motiv, mit dem ich arbeiten kann." Für diese je unterschiedliche kreative Funkenzündung hat er auch eine Erklärung parat: "Im Moment der Intuition oder musikalischen Kreation setzt das Denken aus. Aber Sprache funktioniert nun mal nicht ohne Denken." Vor allem das kritische Denken mache es schwierig, mit dem erstbesten Satz, der aufs Papier fließt, zufrieden zu sein. Kitsch in den Worten ist eben immer noch aufdringlicher als Kitsch in den Tönen. Der Liedermacher, der auch einige Songs zu "Quo vadis" beigetragen hat, dem Musical, das bei den Antikenfestspielen in Trier uraufgeführt wird ("für die ganze Partitur hatte ich keine Zeit, weil der Text zu spät kam"), blickt auf eine bewegte Karriere zurück. Drogen-exzesse und -abstürze gehören dazu ("Über die mag ich nicht mehr reden; dazu hab ich alles gesagt") und, zu Beginn der 70er Jahre, ein paar Auftritte in stoffarmen Filmen der Marke "Unterm Dirndl wird gejodelt" oder "Beim Jodeln juckt die Lederhose". "Grauenhafte Filme, aber irgendwo hat‘s auch Spaß gemacht", erinnert er sich. Auch eines seines frühen Lieder erklang in der Lederhosen-Saga, wobei das Chanson "Vroni, druck' di her" in seinen derzeitigen Programmen kaum noch einen Platz findet. Er habe den Filmvertrag unterschrieben, erklärt Wecker die erkältungsaffinen Auftritte, ohne das Kleingedruckte gelesen zu haben, in dem ausdrücklich von Nacktrollen die Rede war. Die großen Vorbilder heißen Hüsch und Kreisler

Längst ist er seitdem künstlerisch seriös geworden, hat Musik für Theater, Fernsehen und Kinofilme gemacht - und hunderte von Chansons geschrieben. Zu seinen großen Vorbildern gehören Georg Kreisler und Hanns Dieter Hüsch, der "Urvater aller Kabarettisten und Liedermacher". Und auch seinen Vater hat Konstantin Wecker sich zum Vorbild genommen, zumindest für sein Lebensmotto. "Mein Vater ist leider nie besonders erfolgreich gewesen, weder als Sänger noch als Maler. Kurz vor seinem Tod hat er mir etwas gesagt, was ich nie vergessen werde: ,Konstantin, ich glaube, ich bin zum Bewundern auf die Welt gekommen.‘ Das ist ein wunderbarer Satz: Ein Künstler, der nicht mehr Staunen und Bewundern kann, wird sich nicht entwickeln. Und das trifft, wie ich meine, nicht nur auf Künstler, sondern auf jeden Menschen zu." Konstantin Wecker tritt am Samstag, 11. Juni, um 19.30 Uhr im Großen Haus des Theaters Trier auf. Karten gibt es in den TV-Pressecentern Trier, Bitburg und Wittlich.

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