Bratscher, Komponist, Zeitzeuge

In Trier ist Ze'ev (Wolfgang) Steinberg aufgewachsen. Jetzt kommt der israelische Musiker, der Ende November seinen 90. Geburtstag feiern kann, in seine ehemalige Heimatstadt. Am 10. November, 20 Uhr, wird das Trierer Theater zum Forum einer Konzert- und Gesprächs-Veranstaltung.

 Trierer und Israeli der ersten Stunde: Ze'ev Steinberg. Foto: privat

Trierer und Israeli der ersten Stunde: Ze'ev Steinberg. Foto: privat

Trier. (red) Es war ein bewegender Moment. Als sich Ze'ev Steinberg am 10. März dieses Jahres in das Goldene Buch der Stadt Trier eintrug, wurden er und seine Familie einen Augenblick lang von Rührung überwältigt. Für Steinberg, der 1934 seine Heimatstadt verließ, nach Palästina emigrierte und damit seine Schulzeit am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium vorzeitig beenden musste, war dieser Eintrag eine Versöhnungsgeste, wie sie persönlicher und eindringlicher kaum ausfallen kann.

Er würdigt darin seine Eltern und seine Lehrer, denen er seine "humane und humanistische Bildung" verdanke. Die Bildung, die ihn ein Leben lang durch alle zeitbedingten Wechselfälle begleitet hat.

Ze'ev wurde als Wolfgang Steinberg am 27. November 1918 in Düsseldorf geboren, siedelte mit seiner Familie aber schon im Alter von drei Monaten nach Trier über. Der Vater, Militärarzt in der Trierer Garnison, hatte sich nach Ende des Ersten Weltkriegs entschlossen, eine Praxis zu eröffnen. Das geschah nicht aus Not, sondern aus Neigung. Die Stadt an der Mosel hatte das jüdische Ärzte-Ehepaar - auch die Mutter war ausgebildete Medizinerin - freundlich aufgenommen und bot alle Voraussetzungen, um Heimat zu werden. Und weil der Vater nicht nur musikalisch dilettierte wie damals viele Ärzte, sondern eine solide künstlerische Ausbildung besaß, rückten die Steinbergs rasch in das Zentrum der lokalen Kultur.

1934 floh er vor den Nazis



Das Trierer Musikleben hatte in den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts ein Niveau, das heute gelegentlich nostalgisch stimmen kann. Die bedeutendsten Interpreten kamen an die Mosel. Häufig übernachteten sie nicht im Hotel, sondern bei Steinbergs. So hat Ze'ev in jungen Jahren große Musiker kennen gelernt. Er hat selber früh begonnen zu musizieren.

Und als er im Jahr 1934 vor den Nazis nach Palästina emigrierte - zunächst ohne seine Eltern! - war er fit für ein Viola- und Kompositions-Studium bei Ödön Partos, dem "Vater der israelischen Kunstmusik". 1942 folgten der Eintritt in das spätere "Israel Philharmonic Orchestra", in dem er zum ersten Bratscher aufstieg, und schließlich auch eine Karriere als Komponist.

Jetzt kommt Ze'ev, der seit 1970 immer wieder die ehemalige Heimat besuchte, kurz vor Vollendung des 90. Lebensjahrs erneut nach Trier.

In den Räumen seiner alten Schule, dem heutigen Priesterseminar, wird er am 10. November vormittags mit Schülern der Trierer Gymnasien diskutieren; am selben Tag abends um 20 Uhr findet im Trierer Theater ein Porträtkonzert statt. Das "Miyabi-Ensemble" aus Kaiserslautern spielt Kammermusik von Steinberg. Und Ze'ev wird aus seinem Leben erzählen - als Komponist, als Interpret, als Pionier, als Zeitzeuge, vor allem wohl als Mensch.

Keine Frage: Steinberg ist ein Israeli der ersten Stunde, und zu Deutschland bleibt nach allem, was geschah, trotz aller Versöhnlichkeit eine unaufhebbare Distanz.

Aber der Mann, der in Trier eine glückliche Kindheit verbrachte, hat im neuen Land die Kultur seiner verlorenen Heimat eingebracht. "Es waren die Einwanderer aus Deutschland, die mit ihren charakteristisch deutschen Tugenden Israel ganz neue Impulse gegeben haben", sagt er. Und dazu bekennt er sich: "Ich werde niemals meine Wurzeln in der deutschen Kultur verleugnen."

Montag, 10. November, 20 Uhr, Theater Trier: Konzert und Gespräch mit Ze'ev Steinberg (Tel Aviv). Es spielt das "Miyabi-Ensemble" Kaiserslautern. Moderation: Martin Möller.



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