Charmant vom Scheitel bis zur Sohle

TRIER. Er kam, geigte und eroberte mit seinen Späßchen all diejenigen Herzen im Sturm, die ihm zuvor nicht zugeflogen waren. Der Maastrichter Musiker André Rieu gastierte mit dem Johann-Strauss-Orchester in der ausverkauften Arena Trier – der Trierische Volksfreund präsentierte das Konzert.

Ein bisschen festlicher hätte die Halle schon geschmückt sein dürfen, mochte sich der ein oder andere Gast beim Betreten der Arena gedacht haben. Kein Vergleich zu der glanzvollen Dekoration bei den vergangenen Rieu-Besuchen vor rund einem Jahr. Aus ganz Deutschland und dem nahen Ausland strömen die Leute am Freitagabend nach Trier, um ihren Liebling live mit seinem Programm " Aus meinem Herzen" zu sehen. Sogar aus Amerika - dabei tourt Rieu ab April auch dort. "André, the world-waltz-king", steht auf einem Transparent, das ein enthusiastischer Fan in die Höhe reckt. Warum nicht? André Rieu, das müssen auch die Gegner von Dreivierteltakt und Donauwellen einräumen, hat was. Geschniegelt vom Scheitel bis zur Sohle, professionell bis in die Haarspitzen, führt er durch ein Abendprogramm, das für entspannte und verzückte Mienen der Besucher sorgt. Es ist die mal beschwingte, mal mitreißende und anrührende Mischung aus Klassik, Musical oder Operette, die André Rieu mit seiner Stradivari und das mehr als 40 Musiker starke Orchester hinzaubert. Die Sopranistinnen wie etwa Suzan Erenz brillieren. Ihr "Don't cry for me, Argentina" resultiert in tosendem Beifall und Fußtrampeln. Verdienter Applaus auch für das australisch-ungarisch-deutsche Platin-Tenöre-Trio. Der Star des Abends aber bleibt André Rieu. Der 56-Jährige spart nicht mit Kalauern - und dick aufgetragenen Schmeicheleinheiten über "das musikalische Herz der Welt: Trier!" Dass der Charmeur das Gleiche an jeder anderen Spielstätte sagt, stört das Publikum keineswegs. Im Gegenteil: Die Sprüche und die Portion (Selbst-)Ironie sorgen für beträchtliche Erheiterung der Gäste. "Ich habe mich schon das ganze Jahr auf meinen Reisen zwischen Los Angelos und Tokio auf Trier gefreut", verkündet Globetrotter Rieu, "und euch ein typisch holländisches Geschenk mitgebracht." Aber es ist nicht etwa "Käse", wie die Besucher respondieren, sondern ein Glockenspiel. Das Volk summt entrückt mit, staunt beim Spiel des Maastrichter Glockenspielers Frank Stenjs, während die Bühne in eine opulente Licht- und Farborgie taucht - "Einfach nur schön", flüstert die Sitznachbarin. Später tanzen ein paar Paare durch die Gänge der Arena. Nach zweieinhalb Stunden Spielzeit, vielen Zugaben und einem Luftballon-Regen über den ersten Sitzreihen ist Schluss - da hilft auch das fordernde "More!"-Plakat des amerikanischen Fans nichts. Bereits während die Besucher zu den Ausgängen strömen, wird die Bühne abgebaut. Insgesamt 100 Techniker verstauen die Utensilien und das eine Tonne wiegende Glockenspiel in neun Lastwagen und sechs Bussen. Übers Wochenende geht es zurück nach Maastricht. Am Dienstag wird das musikalische Herz der Welt in Bamberg schlagen.Fotos in unseren Clickme-Galerien

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