Chris Rea geht, die "Fire Flies" kommen

ESCH/ALZETTE. In der ausverkauften Rockhal im luxemburgischen Esch startete Chris Rea am Montagabend seine Abschieds-Europa-Tournee. Der begnadete Sänger, Gitarrist und Songschreiber, der vor einigen Jahren ein schweres Krebsleiden überwand, spielte für seine Fans noch einmal die größten Hits und neuere Blues-Titel.

"Ich liebe das Touren - es ist der beste Job der Welt, wenn ich einen anderen Körper hätte", hat Chris Rea kürzlich gesagt. Wenn man den agilen 54-Jährigen mit der rauchigen Stimme auf der Bühne sieht, ist es kaum vorstellbar, dass er vor einigen Jahren nur knapp dem Tod von der Schippe gesprungen ist. Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs - die Ärzte gaben ihm eine Überlebenschance von 30 Prozent. Chris wurde das Organ entfernt, er rappelte sich wieder auf, stürzte sich entgegen dem Rat der Ärzte und seiner Familie wie besessen in die Arbeit und produzierte innerhalb von 18 Monaten 137 Songs auf elf CDs. "Blue Guitars", ein Werk samt DVD sowie einem Büchlein mit 50 selbst gemalten Bildern und persönlichen Texten, ist sozusagen seine Therapie gewesen, sein ganz persönliches künstlerisches Vermächtnis, in dem er zu seinen musikalischen Wurzeln zurückfindet - dem Blues. Und das in voller Bandbreite: Country Blues, New Orleans Blues, Electric Memphis Blues, Texas Blues, Chicago Blues, Latin Blues... eine einzigartige Sammlung, die allerdings nicht jedem Fan gefallen wird, der die Hits aus den achtziger Jahren mag. Der Engländer hat den Blues wie kaum ein zweiter weißer Musiker. Das poetische "Where The Blues Come From" von "Blue Guitars" gehört zu den besten Stücken, auch "Easy Rider" auf dem Album "Stony Road" ist alles andere als gradlinige Chartmusik. Es sei die CD eines Mannes, dem gesagt wurde, dass er sterben werde, steht in dem Begleittext. In der Rockhal kommt selbst sein Hit "Josephine" so bluesig rüber, dass viele ihn nicht gleich bei den ersten Akkorden erkennen. Bei einem weiteren Song, den er nach einer Tochter benannt hat ("Julia"), geht Rea minimalistisch ans Werk: kein Schlagzeug, nur Keyboard und sanfte Gitarrenbegleitung - fantastisch. Der Konzertabend ist ein musikalisches Spiegelbild der Höhen und Tiefen, durch die Chris Rea gegangen ist - wobei bei dem Auto- und Rennsportfan besser die Metapher vom Fahren passt. Ayrton Senna hat er einen Song gewidmet, Graf Berghe von Trips gleich ein ganzes Album. Ein wenig Ekstase kommt im Publikum erst bei den Zugaben auf - eine Latin-Version von "On the beach", dann das rockige "Let's dance". Rea und seine erstklassige Band geben an diesem Abend alles - und es bleibt der Trost, dass wir ihn und sein Markenzeichen, die Fender Stratocaster, in seinem neuen Projekt, der Band "The Fire Flies", wiedersehen werden.

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