"Dann schreib ich das eben selbst"

TRIER. Seit gut zwei Jahren ist Steffen Popp Regie-Assistent am Theater Trier. Mit "Kälte" setzte er eine der erfolgreichsten Produktionen der letzten Jahre in Szene. Und nun inszeniert der 30-Jährige sein erstes selbst geschriebenes Stück: "Superflex" feiert am Sonntag im "Forum" Premiere.

Man kann seine Sommerferien auf durchaus unterschiedliche Weise verbringen. Mit der Aussicht auf die Berge, aufs Meer, auf eine spannende Metropole. Oder zumindest auf den Fünf-Meter-Turm im Freibad. Steffen Popps spannendste Aussicht im vergangenen Sommer war der Bildschirmschoner seines Laptops. Er hat ein Theaterstück geschrieben, sein erstes "richtiges". Das tun andere auch, nur dass sie ihr Elaborat im richtigen Leben nie auf der Bühne zu sehen bekommen. Popp hingegen darf sein Stück sogar eigenhändig realisieren. Offenbar setzt Intendant Gerhard Weber viel Vertrauen in seinen jungen Kollegen. Popp, nach eigenem Bekenntnis "ein sehr politischer Mensch", gilt im Haus als Spezialist für brisante Themen. Neben dem Rechtsradikalen-Drama "Kälte" hat er auch das Stück "Womanbomb" über eine Selbstmord-Attentäterin inszeniert. Kein Wunder, dass Weber an ihn als Regisseur dachte, als er ein aktuelles Stück über Arbeitsmarkt, Konkurrenz und "Prekariat" ins Programm nehmen wollte. Doch so sehr man suchte: Das passende Schauspiel wollte sich nicht anfinden. "Dann mach ich's eben selbst", sagte der studierte Theaterwissenschaftler, der einst Hörspiel-Autor beim Radio werden wollte. Und sein Konzept muss das Haus wohl überzeugt haben. So entstand in der Sommer-Sonderschicht "Superflex", ein Vier-Personen-Stück über die gnadenlose Konkurrenz auf dem Weg zu einem Job. Disco, Boxring, Assessment Center, Labor, Bootcamp, Fernsehstudio, Amphitheater - so bezeichnet er seine virtuellen Spielorte. Vier Vertreter unterschiedlicher Generationen, Geschlechter und Mentalitäten treten an zum ultimativen Flexibilitäts- und Kompetenznachweis, dessen Sieger am Ende ein Arbeitsplatz winkt - oder auch nicht. Als Popp anfing zu schreiben, zirkulierten die Begriffe "Unterschicht" und "Prekariat" noch nicht als Bestandteil des allgemeinen Sprachgebrauchs, und auch die "Generation Praktikum" war noch nicht in aller Munde. Dass ihn die öffentliche Debatte eingeholt hat und nun Gratis-Werbung für sein Stück macht, amüsiert den Autor - auch wenn er den Ernst des Themas am eigenen Leib nachvollziehen kann. Schließlich ist er freischaffender Künstler, mit lausiger Bezahlung und Jahresverträgen ohne Weiterbeschäftigungsgarantie. "Wir sind eigentlich alle Prekariat", beschreibt er mit einem Anflug von Galgenhumor die Situation seines Metiers. Und doch will er in seinem Stück "kein Gejammer, davon haben wir eh schon zu viel". Eine "bissige Satire" soll es werden, "mit kurzen Szenen und schnellen Wechseln". Die Schauspieler (Elfie Elsner, Vanessa Daun, Manfred Paul Hänig und Alexander Ourth) haben dem "Kollektiv-Arbeiter" (Popp über Popp) beim Feinschliff der Texte geholfen. Und Szene-DJ Michael Kreft soll dafür sorgen, dass das Forum im alten Franzosenkino nicht nur Schauplatz, sondern Bestandteil des Stücks wird. Premiere: 19. November, 20 Uhr. Tickets: 0651/7181818.

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