Das Auge im Sturm

Joachim Reidenbach hat eine neue Komposition geschrieben - diesmal in der einst modernen Reihentechnik. Seine Vertonung von Psalm 91 erklingt im Rahmen eines Chorkonzerts der Mosel-Festwochen. Der "Tanglewood Festival Chorus" tritt am kommenden Mittwoch, 29. August, in der Trierer Pfarrkirche St. Paulin auf.

 Kantor Joachim Reidenbach hat eine neue Komposition geschrieben. TV-Foto: Martin Möller

Kantor Joachim Reidenbach hat eine neue Komposition geschrieben. TV-Foto: Martin Möller

Trier. (mö) Auch langjährige Beobachter der Trierer Chormusikszene können sich an kein Konzert erinnern, das mit solch einer Häufung anspruchsvoller und schwieriger Kompositionen aufwartet. Der 100-köpfige "Tanglewood Festival" Chor, der große Orchester und Star-Dirigenten wie James Levine oder Zubin Metha gleich reihenweise zu seinen Partner zählt, präsentiert am Mittwoch (29. August) um 20 Uhr im Barock-Ambiente der Trierer Paulin-Basilika eine Serie von chormusikalischen Gipfelstürmen, die Neugier und fast schon Beklommenheit auslösen. Wie werden der Chor und sein Dirigent John Oliver undBachs schwierige Motette "Singet dem Herrn", Schönbergs heikles "Friede auf Erden", die "Fest- und Gedenksprüche" und die Gesänge op. 104 von Brahms., dazu Kompositionen von Britten, Pizetti, Poulenc und Ives bewältigen? Nein, das sei kein Auswahlprogramm, erklären die veranstaltenden Mosel-Festwochen. Alle Kompositionen würden tatsächlich aufgeführt. Der zweite Teil der Nachricht ist noch bedeutsamer - zumindest für die Trierer Musikfreunde. Uraufführung in der Paulin-Basilika

Mitten in diesem anspruchsvollen Programm, gewissermaßen im Auge des Sturms, findet eine Uraufführung in kleiner Besetzung statt. Joachim Reidenbach, zuständig für die Kirchenmusik an St. Paulin, hat eine neue Komposition geschrieben, eine Vertonung von Psalm 91 "Wer im Schutz des Höchsten wohnt" für Sopran, Viola, Klarinette und Orgel. Vielleicht hat den Komponisten die Textpassage "Denn er hat seinen Engeln", die unweigerlich Mendelssohn-Assoziationen auslöst, zu einem grundlegend anderen Stil veranlasst. Die Komposition ist in der Reihentechnik geschrieben. "Ich habe diese Technik im Studium gelernt und fand es sehr reizvoll, damit eine Komposition zu gestalten", sagt Reidenbach.Verständliche Komposition

Eine Tonfolge bestimmt in vier Varianten (Grundform, Umkehrung, Krebs und Krebs der Umkehrung) sämtliche Abschnitte. Das ist schon beinahe die berühmt-berüchtigte Zwölftonmusik - wäre da nicht die Tatsche, dass die Reihe in Reidenbachs Werk 19 Töne und damit Tonwiederholungen aufweist und der Komponist auch sonst immer wieder vom strengen Reihenprinzip abweicht. Joachim Reidenbach lässt sich den Ausdruck von der Technik nicht vorschreiben. Darum illustriert die Musik immer wieder fast romantisch-tonmalerisch den Text. Und der choralartige Schluss distanziert das Werk vollends von aller kompositorischen Kopfarbeit. "Die Komposition soll verständlich sein", sagt Reidenbach. "Das ist für mich das Wichtigste. Gewidmet ist das Werk Wolfgang Grölinger und Antonia Lutz zur Geburt des Sohns Damian. Antonia Lutz ist auch die Sängerin in der Uraufführung. Weitere Mitwirkende: Claudia Kussmaul, Viola, Catrin Stecker, Klarinette, und Christoph Schömig, Orgel.

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