Das Geheimnis um Molière

Trier · Unter dem schlichten Titel "Molière" will das TeaTrier sein neues Schauspielensemble vorstellen. Um den Inhalt wird noch ein Geheimnis gemacht. Die Premiere ist am Samstag, 12. September, um 20 Uhr im Großen Haus.

Trier. Wenn Ulf Frötzschner, der neue Dramaturg des Theaters Trier, spricht, gestikuliert er schwungvoll. Die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus, er bleibt kaum für eine Minute ruhig auf der Stelle stehen. So groß ist die Begeisterung fürs Theater, fürs neue Ensemble, für die Stücke, die sie gerade einstudieren, dass es förmlich aus ihm herausplatzt. Gleich zwei Schauspiele kann er für die ersten zwei Wochen der neuen Spielzeit anpreisen: Den "Zauberberg" nach dem Roman von Thomas Mann und ein Stück, das sich "Molière" nennt.
Molière, der eigentlich auf den Namen Jean-Baptiste Poquelin getauft worden und Sohn eines Händlers für Heimtextilien war, hatte es vom fahrenden Schauspieler bis an den Hof des Königs in Paris geschafft. Mit seinen bissigen Komödien nahm er nicht nur die adelige Oberschicht und den Klerus gewaltig aufs Korn, er machte sich zudem einige Feinde unter den gut Betuchten. Sein Stück "Tartuffe" war jahrelang Streitpunkt. Verboten vom alten Hof, brauchte es fünf Jahre und zwei korrigierte Fassungen, damit es durch die Zensur kam.Tartuffe als Ausgangsbasis


Im Theater Trier ist dieses Stück die Ausgangsbasis von "Molière". "Ich glaube, ‚Tartuffe' hat ihm das Herz gebrochen", meint Frötzschner. Die Rezeptionsgeschichte habe Molière oft falsch verstanden, ihn zu oberflächlich betrachtet. Ja, Molière war Komödiant, aber ja, er wollte auch politisch sein, kritisch sein, wehtun, aufs Korn nehmen, den Finger in die Wunde legen und dann rumdrehen. "Er hat sich verhasst gemacht." Und das wahrscheinlich mit Absicht. Ein Komödiendichter, der Welt erzählen wollte.
Ob es nun um Molière oder seine Stücke gehen soll, fragt man sich. Das könne man nicht trennen, sagt Frötzschner. Tartuffe werde die Basis für einen Text sein, der sich aus diesem und anderen Stücken Molières zusammensetzt. Dabei soll werkgetreu, nicht textgetreu gearbeitet werden. Es gehe darum, den Geist des Stückes einzufangen und verstehbar, erlebbar zu machen, warum Molière etwas auf seine bestimmte Weise geschrieben hat. Es soll eine Reflexion sein, über Kunst und das, was sie kann und was sie darf. Und was Schauspiel kann: "Wir wollen zeigen, dass es nicht nur verschiedene Stücke und Dramenarten gibt, sondern verschiedene Spielformen", sagt Frötzschner. "Die Leute sollen sich nicht festlegen und denken‚ ‚so sieht das Schauspielern also aus‘. Sondern sie sollen überrascht sein, wie wandlungsfähig Schauspieler sein können. Dass sie aus dem Nichts Welten erschaffen können."
Mit "Molière" will das Theater das zehnköpfige neue Ensemble vorstellen, um wenige Tage später, beim "Zauberberg", zu zeigen, dass man noch lange nicht alle Facetten kennt. Zwei komplett unterschiedliche Stücke, unterschiedliche Themenfelder. "Molière wird einen extrem spielerischen Impuls haben, mit einem sehr einfachen Bühnenbild." Drei Wände und Farbe werden zu sehen sein, mehr will Frötzschner noch nicht verraten. Die Kostüme werden an historische angelehnt sein, aber von den Schauspielern aus Klebeband, Plastikfolie und Farbe selbst gebastelt und von der Kostümwerkstatt verfeinert. Die Schauspieler werden sich dem Publikum auch direkt vorstellen: Theater sei das einzige Medium ohne vierte Wand. Man könne die Schauspieler praktisch riechen und sie anfassen, warum sollte man dann künstlich eine vierte Wand erzeugen?
Theater sei, wenn Menschen sich entäußern, sagt Frötzschner und meint damit die Schauspieler. Man soll nicht merken, dass sie sich verstellen. Beide Regisseure, von Zauberberg (Christina Friedrich) und Molière (Thorleifur Örn Arnarsson), haben eine starke Handschrift, wollen Welt erzählen, vertrauen dabei voll auf ihre Schauspieler. Frötzschner zitiert den Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson bei den Proben zu Molière, wie er zu einem der Darsteller meinte: "Ich kann dir nicht sagen, was du denken sollst." Wie er spreche und was er spreche, sei egal, so Frötzschner, sondern man solle als Zuschauer eine Ahnung davon bekommen, was der Schauspieler denke.
Das Theater solle Fragen stellen, keine Antworten geben. Antworten gäbe es schon genug und sogar viel zu viele. Man brauche Antworten, ja, aber auch Fragen.
Eine Antwort auf die Spielweise, die man sehen werde, und auf die Inhalte, was man sehen werde, will Frötzschner nicht geben. Auch nicht auf die Frage, wie lange "Molière" dauern werde. Es sei eben ein Stück über die Möglichkeiten von Kunst und Theater - und wenn man diesen Satz nicht schon so oft gehört hätte, wäre er auch schön.
Premiere: 12. September. 2., 3., 7., 9., 18. Oktober, 24. und 29. November.Extra

Mit neun Premieren an drei Wochenenden und dem ersten Sinfoniekonzert beginnt das neue Theaterteam um Intendant Karl Sibelius ab Freitag, 11. September, seine erste Spielzeit in Trier. Unter dem Motto "Premierenfieber" stellt der Trierische Volksfreund die Stücke in den nächsten Wochen ausführlich vor. Eine Übersicht über die September-Premieren (gefettet ist jeweils das Stück, das im dazugehörigen Artikel vorgestellt wird): "Alles bleibt anders": 11. September, 18 Uhr, Großes Haus "UR_": 11. September, 20.30 Uhr, Großes Haus "Molière": 12. September, 20 Uhr, Großes Haus "Mistral": 13. September, 20 Uhr, Großes Haus "Der Zauberberg": 18. September, 19.30 Uhr, Walzwerk Trier: "Fidelio": 19. September, 19.30 Uhr, Großes Haus "Thalamus": 20. September, 19 Uhr, Großes Haus "Ruhr-Ort": 25. September, 19.30 Uhr, Großes Haus 1. Sinfoniekonzert: 26. September, 20 Uhr, Großes Haus "Sweeney Todd": 27. September, 19 Uhr, Walzwerk Trier no

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