Das Gold der Engel

Mal psychedelisch-wabernd, mal ätherisch-fließend, mal elektronisch-knarzend: Die englische Band Goldfrapp fühlt sich in verschiedenen Genres wohl. Für den roten Faden sorgt Sängerin Alison Goldfrapp. Wie gut das alles zusammenpasst, zeigte sich beim Open Air in der Luxemburger Abtei Neumünster.

 Die Hände zum Himmel – aber natürlich ohne ähnlich betitelte Kirmes-Musik: Alison Goldfrapp beim Auftritt im Innenhof der Abtei Neumünster. TV-Foto: Andreas Feichtner

Die Hände zum Himmel – aber natürlich ohne ähnlich betitelte Kirmes-Musik: Alison Goldfrapp beim Auftritt im Innenhof der Abtei Neumünster. TV-Foto: Andreas Feichtner

Luxemburg. Oh je, verschießt der Engel zu früh seinen Sternenstaub? Blondmähne Alison Goldfrapp steht im weißen Kleidchen vor dem blauen Lichtkegel, reißt die Flügel - ähem: Arme - nach oben. Auch der Rest der Band trägt Weiß, samt Harfenistin im Hintergrund. "Uuuu-tooo-pia", haucht Alison sehnsüchtig in den Luxemburger Abendhimmel. Der luftig-leichte Klassiker jeder Lounge-CD, mit dem Goldfrapp um die Jahrtausendwende den Durchbruch geschafft hat. Und das gleich als zweites Stück im 80-minütigen Programm. Wenn das mal nicht mutig ist.

Nein, ist es nicht, wie sich zeigen wird. Die Engländer sind nicht zum ersten Mal in Luxemburg. Aber in diesem historischen Ambiente hat man sie noch nicht gesehen. Eingerahmt von beleuchteten Felswänden und den Mauern der alten Benediktiner-Abtei Neumünster tritt die Band die Nachfolge von Sigur Ros und Air an. Die hatten in den beiden Vorjahren an gleicher Stelle für Atmosphäre gesorgt - Sigur Ros mehr, Air weniger. Das Fernduell mit Air gewinnt Goldfrapp (übrigens mit der sehr ordentlichen Ami-Band "Devotchka" im Vorprogramm) vor den rund 1200 Zuschauern himmelhoch. Und auch die Isländer Sigur Ros müssen sich 'was einfallen lassen, um da mitzuhalten, wenn sie am 18. November wieder in Luxemburg (Atelier) spielen.

Goldfrapp schweben von der ätherischen Leichtigkeit rüber zum Psychedelischen. Und bevor einem vor lauter bunten Projektionen zu warmer Stimme und kalter Luft ganz schummrig wird, geht es sozusagen vom einsamen Berggipfel zurück in die Disco: Denn auch mit Elektronik und Tanzflächen kennen sich die Londoner aus - wie die Singles "Train" oder "Ooh la la" zeigen.

Nur Alison Goldfrapp ist nicht immer zufrieden. Sie zeigt bei einer Ansage, dass sie sich neben Bühnen-Engeligem auch mit Straßen-Englisch auskennt: "I fucked that up because I can't fucking hear me!”, sagt sie, vor allem an den Sound-Mixer adressiert. Das Lied habe sie verbockt, weil sie sich auf der Bühne kaum hört. Nun ist Selbstkritik zwar löblich, hier aber fehl am Platz: Denn angefangen vom Ambiente über den Spannungsbogen bis hin zur effektvollen Lichtshow war das ein großer Abend. Da verzeiht man Goldfrapp ausnahmsweise, dass die Band dem begeisterten Publikum eine Zugabe verweigerte. Es gab auch nichts mehr zu steigern.

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