Das Jahr beginnt im Dreivierteltakt

Daun · Das Programm vieler Neujahrskonzerte ist so voraussehbar, wie der Kater am Morgen des 1. Januar. Die Europäische Kammerphilharmonie hat am Samstagabend im Dauner Forum ein Rezept dagegen präsentiert.

Daun. Man nehme die zuckrigen Walzer von Johann Strauss, etwas slawische Schwermut von Antonin Dvorák und versetze die Mischung mit rassigem argentinischem Tango à la Astor Piazzolla. Diese Zutaten reicherten Dirigentin Doris Vetter und die Musiker der Europäischen Kammerphilharmonie mit viel Humor und Spielwitz an - ein Konzert dessen Schwung und Optimismus die Zuhörer durch den Winter begleiten soll.
Am Samstagabend erhielt jeder der Zuschauer etwa die dreifache Dosis des Mittels, denn statt der erwarteten 300 Gäste kamen nur etwa 100 zum Neujahrskonzert. Ein Wermutstropfen, der Thomas Räthlein, den Chef des Dauner Forums, etwas traurig dreinblicken ließ. Doch weder die Musiker noch ihre 39-jährige Dirigentin ließen sich durch die vielen leeren Stühle die Spiellaune verderben.
Doris Vetter, deren rote Mähne über schwarzem Frack den optischen Mittelpunkt des Abends setzte, moderierte charmant und leger bis albern durch das Programm: die Ansagen zu Strauss\' Walzern wie "Wiener Blut" kamen im Wiener Dialekt daher, die "Ungarischen Tänze" von Johannes Brahms und die Ausschnitte aus Georges Bizets Oper "Carmen" klangen dementsprechend ungarisch und spanisch angehaucht. Das schwer rollende "R" und das fehlende "H" bei der Ansage zu Dimitri Schostakowitschs Walzer aus dem zweiten Satz der "Jazz-Suite" quittierte das Publikum mit Applaus und Gelächter.
Lustiges und Berührendes


Das Ensemble, das aus Musikern der Hamburger Symphoniker, der Philharmoniker Hamburg, des NDR-Orchesters und einigen freischaffenden Künstlern besteht, nahm die lockere Stimmung des Abends auf, bewies aber in jedem Moment seine Klasse - auch wenn bei in Musik gegossenem Humor, wie "Plink Plank Plunk", einem Stück des zeitgenössischen amerikanischen Komponisten Leroy Anderson, sämtlichen Orchestermitgliedern samt ihrer Dirigentin ein breites Grinsen im Gesicht stand. An ganz großen und berührenden Momenten fehlte es ebenfalls nicht: Antonin Dvoráks mit viel Gefühl vorgetragene "Humoreske" und vor allem die Musik des argentinischen Tango-Komponisten Astor Piazzola waren in dem Rezept die Zutaten, die Körper und Geist wärmten. vladi

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