Das Poster lebt noch

ESCH. In der Vergangenheit schwelgen, aber in der Gegenwart stehen: Die früheren Pop-Weltstars Duran Duran beweisen mit einer großen Show rund 3000 Zuschauern in der Rockhal Esch, dass Band-Wiedervereinigungen nicht immer ein Ärgernis sein müssen.

Kleiner Rückblick: Duran Duran, so zwischen 1983 und 1985. Die Lieblingsband von Prinzessin Diana. Respektiert von Andy Warhol. Die Gruppe, die den Titelsong zum neuen James-Bond-Film machen darf. Herzensbrecher. Dandys, Hedonisten. Idioten - sagen zumindest viele Jungs, weil die traumhafte Klassenkameradin lieber in den Armen von Simon Le Bon oder John Taylor sein will als in den Fängen der Mitesser-Armada.20 Jahre später. Pickel und Poster sind weg, Duran Duran wieder da. In gleicher Besetzung wie früher. Le Bon (mittlerweile 47) lässt sich von den "No Stagediving"-Schildern in der Rockhal nicht schrecken, von seinen Knochen ohnehin nicht, er springt ins Publikum. Viele Hände, die den Sänger damals allenfalls auf dem Band-Poster berühren durften, tragen ihn nun. Le Bon bittet einen weiblichen Fan auf die Bühne. Aufgabe: den Sänger vorstellen. Christina ist die Nervosität anzumerken. "Du bist der Größte. Simon Le Bon, ich liebe dich seit 20 Jahren", schmachtet sie schließlich, auch wenn ihr Freund das vielleicht doof findet.

Weder Frisuren-Terror noch Klamotten-Harakiri

Die Engländer klingen immer noch von Kopf bis Fuß nach 80ern. Nur der Frisuren-Terror ist vorbei oder der Klamotten-Harakiri. Duran Duran gewinnen nicht mehr die Wände und Herzen der Teenies. Wenn man in der Rockhal mal jemanden entdeckt, der deutlich jünger als 30 aussieht, möchte man ihm fast ein "gut gehalten!" zurufen. Vor zwei Jahren haben sich die Engländer wieder in der alten Erfolgs-Besetzung zusammengefunden, nach vielen dürren Duran-Jahren. Nun gibt es reichlich Bands, die sich wiedervereinigen und die alten Hits Riester-rentnerlich runterschrubben, damit das Alter nicht so karg wird. Ist auch legitim, hört sich aber selten gut an. Wer Duran Duran diesen Vorwurf machen will, zielt aber weit daneben.

Nicht nur, dass Le Bon und Kollegen trotz gelebtem Pop-Hedonismus noch erstaunlich frisch aussehen - sie klingen auch so, haben Lust und beherrschen neben dem Hundeblick auch ihre Instrumente. Die zahlreichen Hits bestehen den Test der Zeit: "The Union of the Snake", "The Reflex", "Save a Prayer" oder "Notorious" - so sehr nach "heute" haben sich die 80er schon zwei Jahrzehnte lang nicht mehr angehört.

Da kann man sich die Band noch bestens anschauen, ohne gleich als Not-Nostalgiker verlacht werden zu dürfen. Das mag daran liegen, dass auch angesagte neue Bands tief in die Retro-Kiste greifen.

Es liegt aber auch an einer imposanten, über zweistündigen Show mit viel Licht und fünf (kleineren) Video-Leinwänden. Das schirmt selbst die wenigen Stücke gut vor Langeweile ab, die besser in den 80ern geblieben wären.

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