Das ganz große Drama

Alle Jahre wieder bereichert der Trierer Konzertchor das Kulturangebot um ein spektakuläres Open-Air im Innenhof des Kurfürstlichen Palais. In dieser Saison widmet sich der ambitionierte Laienchor mit starker solistischer Besetzung einer Rarität: Händels geistlicher Oper "Theodora".

 Triers bester Konzertsaal: Der Innenhof des Kurfürstlichen Palais an der Basilika-Fassade, Stammsitz des Konzertchors. Foto: Konzertchor

Triers bester Konzertsaal: Der Innenhof des Kurfürstlichen Palais an der Basilika-Fassade, Stammsitz des Konzertchors. Foto: Konzertchor

Trier. Man braucht ein bisschen Fantasie, um sich bei der Probe im schmucklosen Klassenraum des Max-Planck-Gymnasiums vorzustellen, vor welch' grandioser Kulisse diese Musik in wenigen Tagen aufgeführt wird. Aber so konzentriert, wie die Sänger arbeiten, haben sie für das Ambiente ohnehin weder Ohr noch Auge.

Viele verschiedene Rollen für den Chor



Der Chor hat viel zu tun, übernimmt gleich mehrere Rollen: Mal leiht man jubelnden Römern die Stimme, mal gierigen alten Männern, mal verfolgten Christen. "Hören Sie sich an, wie exakt der Komponist die unterschiedlichen Charaktere musikalisch ausdrückt", schwärmt Dirigent Manfred May. Seit er in den neunziger Jahren in Karlsruhe eine szenische Aufführung der "Theodora" miterlebte, hat er davon geträumt, diesem selten gespielten Werk zur angemessenen Aufmerksamkeit zu verhelfen.

."Mehr Text", fordert May ein übers andere Mal von seinen Sängern. Das Publikum soll verstehen können, was im Rahmen der Handlung passiert. Denn "Theodora" ist zwar religiös grundiert, aber ansonsten eher eine aktionsgeladene Oper als ein Oratorium. Thomas Morells Libretto erzählt von der Christin Theodora, die sich der Willkür eines römischen Statthalters nicht beugen will und sich zur Strafe prostituieren soll. Ihr Geliebter, ausgerechnet ein römischer Offizier und heimlich bekehrter Christ, rettet sie vor der Schande, wenn auch nicht vor dem Tod. Liebe, Treue, Tragik, Opfer: Da fehlt nichts, was das große Drama ausmacht.

Das war bei der Uraufführung 1750 offenbar mehr, als das Publikum auszuhalten vermochte: "Theodora" wurde ein Misserfolg, zu christlich für das weltliche Publikum, nicht fromm genug für das gläubige. Das Werk blieb ein Stiefkind des Repertoires, obwohl Händel selbst es als seine größte Komposition, noch vor dem "Halleluja", einstufte. Eine Einschätzung, die Manfred May teilt: Er ist begeistert von der Schönheit der Arien und der lautmalerischen Musikalität der Orchester-Passagen.

Kein Wunder, dass der Dirigent und seine 100 Sänger auch an eine szenische Aufführung gedacht haben, so wie einst, als man mit "Orpheus und Eurydike" und "Dido und Aeneas" Glanzlichter setzte. Aber die Realität sieht anders aus: "Wir haben die Finanzen einfach nicht, um den zusätzlichen Aufwand zu stemmen" sagt Manfred May. Thema abgehakt.

Da investiert man lieber in eine hochkarätige Solisten-Besetzung. Die Theodora singt Christina Clark vom Aalto-Theater Essen, deren Liederabend im Kurfürstlichen Palais ebenso in bester Erinnerung ist wie ihre Opern-Auftritte in Merzig und Trier. Mit Gundula Schneider (Oper Karlsruhe), Christoph Wittmann und Thomas Berau (beide Nationaltheater Mannheim) übernehmen renommierte Konzertchor-Stammgäste weitere Rollen. Gespannt sein darf man auf den jungen Counter-Tenor Andreas Taubert, der seit seiner Zusammenarbeit mit Harry Kupfer in der Schloss-Oper Rheinsberg hoch gehandelt wird.

Als versierten Klangkörper hat May einmal mehr das Kurpfälzische Kammerorchester Mannheim verpflichtet, das schon für etliche Großproduktionen des Konzertchors die musikalische Kulisse lieferte.

Nun hofft man auf eine Wetterlage, die die langen Mühen der Vorbereitung belohnt - andernfalls zieht man nach St. Maximin um. Karten in den TV-Presse-Centern Trier, Wittlich, Bitburg, bei www.volksfreund.de/karten und TV-Tickethotline 0651/7199-996.

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