Das pure Glück

TRIER. Zeichnungen zur linken und zur rechten Hand zeigt die Trierer Galerie Palais Walderdorff. Dort widmet die Gesellschaft für Bildende Kunst ihrem Mitglied Hiltrud Kirchner-Plum eine Ausstellung.

Heimatbilder im besten Sinn nannte ein Besucher liebevoll zur Vernissage die Zeichnungen von Hiltrud Kirchner-Plum, die derzeit im Palais Walderdorff ausgestellt werden. Genau das sind jene Ansichten von Landschaften und Menschen: Bilder aus der Seelenheimat der in Kanzem lebenden Künstlerin. Als "Einblicke, Beschreibung und Zustand" jener seelischen Provinz charakterisiert sie selbst ihre Arbeiten. Einzig Zeichnerin will Hiltrud Kirchner-Plum sein: "Die Malerei ist nicht mein Ding, ich konzentriere mich auf die Handzeichnung." Die ist schwer genug, was jeder weiß, der sich einmal mit der Materie befasst hat. Hiltrud Kirchner-Plum beherrscht ihre Kunst, die Umriss- und Binnenzeichnung, die Schraffur, die feinen Nuancen des Strichs und seiner Stärke. Was ihre Bilder zur persönlichen künstlerischen Äußerung macht, was an ihnen anrührt, ist etwas anderes. Kirchner-Plum entdeckt in ihren Zeichnungen die Welt und die Menschen für sich neu.Seelenbilder ganz alltäglicher Dinge

Mehr noch: Über ihre Zeichnungen lässt sie den Betrachter an ihrem Erleben teilhaben und ihn Einblick in ihre Seele nehmen. Es sind Seelenbilder, wie sie jedermann vor allem jede Frau kennt, Bilder von Schwangerschaft und Geburt, von Ängsten, menschlicher Bedürftigkeit und von der Hintergründigkeit der ganz alltäglichen Dinge. Die Zeichnerin Kirchner-Plum ist eine "umgestellte" Linkshänderin. Das Zeichnen mit der rechten Hand hat sie ganz bewusst mit viel Willenskraft gelernt. Es ist, als ob sich jener Lernprozess in ihren Zeichnungen niederschlüge. Kirchner-Plums rechte Hand ist eine nachdenkliche, suchende Zeichenhand. Gleichsam als Pfadfinderin der Seele spürt sie sensibel Struktur und innere Bewegung auf, deutet Träume und schafft seltsame Zwischenwelten zwischen Wirklicheit und Vorstellung. Kirchner-Plums rechtshändige Bilder sind die eindringlicheren, die rätselhafteren und gewiss die überraschenderen ihrer Arbeiten. Seit einiger Zeit hat sie auch ihre linke Hand wieder aktiviert. Ihr Eindruck bleibt flüchtig und weniger differenziert. "Meine Reisehand" nennt die Künstlerin ihre linke Hand in schöner Doppeldeutigkeit. Zu Kirchner-Plums Themen gehört das Porträt. "Wenn es gut geht, ist es das pure Glück" - ein Glück, das rechtshändig seelische Befindlichkeiten zutage fördert und innere Kraft in die Linie ableitet. Mag schon sein, dass Kunst der seelische Widerschein der Natur ist - in jedem Fall von Hiltrud Kirchner-Plums Natur. Bis 3. Oktober, Di. -Fr. 11-13 Uhr und 14-17 Uhr, Sa. 10-13 Uhr.

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