Das weiß man, was man hat

Über 2000 Fans in der ausverkauften Europahalle feierten mit Guildo Horn und den Orthopädischen Strümpfen das traditionelle Weihnachtskonzert - zum 18. Mal, mit dem wie immer gleichen Programm.

Trier. "Du bist doch auch jedes Jahr hier?", ist die meist gestellte Frage unter den Zuschauern. Man kennt sich, man ist mit Guildo Horns Weihnachtskonzert gealtert. Man weiß, was einen erwartet, man wird nicht enttäuscht. Man tanzt, singt und feiert in den Heiligabend, wie man es alljährlich macht. Es ist fast schon eine rhetorische Frage des "Meisters": "Wer von euch ist denn das erste Mal hier?" Kaum eine Hand zückt nach oben, für die meisten Zuschauer in der ausverkauften Europahalle ist es jahrelange Tradition, mit dabei zu sein, wenn Guildo "Weihnachten, Weihnachten, bin ich zuhause" singt.

Das Programm des 18. Weihnachtskonzerts gleicht der weihnachtlichen Liturgie der vergangenen 17 Jahre. Und der Meister gibt wie gewohnt alles - getreu dem Motto "Hier bin ich Horn, hier darf ich sein". Wie wohl kaum an einem anderen Ort wären die Fans enttäuscht, wenn es Neuerungen gäbe. Die kollektiven "orthopädischen Turnübungen", das gemeinsame Singen, die einstudierten Abläufe - alles ist wie eine Mischung aus "Rocky Horror Picture Show" und "Dinner for one". Genau wie die Fans das Programm mitbestimmen. Zum elften Mal stimmen die über 2000 Zuschauer "Guildo war in Birmingham" an - als Reminiszenz an dessen Auftritt beim Grand Prix 1998 - bis der Meister und seine Combo "Die orthopädischen Strümpfe" endlich "Amarillo" zum Besten geben. Da weiß man, was man hat. Und Guildo gefällt es sichtlich, sich beim "Heimspiel" mit der Menge zu verausgaben. Schweißnass steht er schon nach rund 45 Minuten mit freiem Oberkörper (und nachdem er sich seine Brokatkleider vom Leib gerissen hat) auf der Bühne, was Thomas Schwab bei den parallel veranstalteten "Christmas Moments" in der Arena wohl niemals machen würde. Guildos Kultkonzert ist die gewohnte Mischung aus zu Weihnachtsliedern umgedichteten Hits und den Schlagernummern, die den Trierer bundesweit berühmt gemacht haben. Und wo sonst würde auf "Stille Nacht, Heilige Nacht" (intoniert vom Kinder- und Jugendchor Riol) "17 Jahr', blondes Haar" folgen. Aber selbst bei Guildos Weihnachtskonzert gab es ansatzweise Neues. Videos, Bilder und Liedtexte zum Mitsingen wurden auf eine Leinwand projiziert, das Eröffnungslied war "Major Tom" als Weihnachtssong, einige Klassiker wurden vermisst, andere dafür ins zweieinhalbstündige Programm integriert. Einziger Wermutstropfen war die Technik: Die Band war übersteuert, dafür kam Guildos Stimme häufig zu leise rüber. Aber die eingeschworene Fangemeinde konnte da ein Auge (besser: ein Ohr) zudrücken.

Der "Meister" - wie seit vielen Jahren unterstützt von der "Blaszentrale Dessau" - hatte dennoch das Publikum voll im Griff - und als Musikpädagoge weiß er, wie man die Masse fast schon sektenartig zu den unglaublichsten Verrenkungen und Mitgrölaktionen motiviert. Genauso traditionell, wie er seine "alten Kumpels" von der Trie rer Lebenshilfe begrüßt.

Obligatorisch endete das Konzert mit der Frage "Kommt ihr nächstes Jahr alle wieder?" Die meisten konnten diese guten Gewissens mit "Ja" beantworten. Ein Jahr älter, ein Jahr grauer - und mit der Erwartungshaltung, dass man gewisse Dinge einfach nicht ändern soll.

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