"De Niro hat sogar Saxofon gelernt"

TRIER. Wenn am Samstag im Trierer Theater die turbulente Goldoni-Komödie "Der Diener zweier Herren" Premiere feiert, dürfte Christoph Bangerter in der Titelrolle des "Truffaldino" in seinem Element sein. Der 29-Jährige ist Spezialist, wenn es darum geht, auf der Bühne Turbulenzen auszulösen.

Manche Schauspieler wirken komisch, weil sie einen lustigen Text sprechen. Andere bringen das Publikum zum Lachen, weil sie etwas besonders Erheiterndes tun, oder weil die Fallhöhe zwischen ihrem scheinbar ernsthaften Bemühen und der Kuriosität der Situation das Gelächter herauskitzelt.Kein Wort, keine Grimasse, doch der Saal tobt

Christoph Bangerter aber kann komisch sein, wenn er sich nur bewegt. Das lässt sich in der Komödie "Ladies Night" beobachten, oder beim "Theatersport": Der Mann braucht kein Wort, nicht einmal eine Grimasse, um einen Saal zum Toben zu bringen. Es reicht die pure Körpersprache, das scheinbar linkische und doch höchst beherrschte Gehabe, ermöglicht durch ein Bewegungsrepertoire, das den Durchschnitts-Motoriker zwischen Neid und Bewunderung schwanken lässt. Die Fernseh-Kanäle sind voll gestopft mit Comedians, die nicht ansatzweise über Bangerters Talent verfügen. Die Frage, ob er mal über einen Wechsel ins Standup-Fach nachgedacht hat, scheint ihn aber eher zu amüsieren. "Warum nicht", sagt er, beim Comedy-Slam in Trier habe er mit seiner Freundin schon mal reingeschaut. Aber für eine Fernsehkarriere seien "Beziehungen entscheidend, nicht unbedingt Talent". Dass er irgendwann auf der Bühne stehen würde, stand für den gebürtigen Schweizer schon früh fest. Auch wenn er seine Kindheit an so exotischen Schauplätzen wie Panama und Brasilien verbrachte, wo sein Vater als Ingenieur arbeitete. Zurück in Basel, begann er schon in der Schule mit der Schauspielerei, nahm privaten Unterricht. Die Wartezeit auf eine Physiotherapeuten-Lehre nutzte er, um endgültig den Absprung Richtung Theater zu schaffen - als Quereinsteiger, ohne amtliches Schauspielschuldiplom. In Landshut sprach er vor, kletterte für einen klassischen Monolog auf eine gewagte Konstruktion aus Tischen und Stühlen. Der Text klappte weit weniger gut als die Balance - er sah den Job schon schwinden. Aber man brauchte gerade einen Hauptdarsteller fürs "Dschungelbuch", da kam der hyperaktive Zappelphilipp gerade recht.Das kunstvolle Bremsen musste er lernen

Inzwischen hat er gelernt, seine Körperlichkeit zu beherrschen: Neben seinem Engagement besuchte er die Falckenberg-Schule in München. Wo andere sich mühsam aneignen müssen, aus sich herauszugehen, galt es für Bangerter, das kunstvolle Bremsen zu lernen. Mit Erfolg. Längst leiht er seinen Körpereinsatz nicht mehr nur überdrehten Komödianten, sondern auch einprägsamen Charakter-Typen wie dem greisen Philosophen Seneca in "Quo Vadis" oder dem verstörten Mörder Ismael in "Kälte". Die Nebenrollen faszinierten ihn "manchmal mehr als die großen", sagt Christoph Bangerter und erzählt vom Reiz, "mit einem kleinen Auftritt zu brillieren". Als Hamlet zu glänzen sei doch "viel leichter". Der Truffaldino im "Diener zweier Herren" ist allerdings alles andere als eine Nebenfigur. Für die Titelrolle hat Bangerter sogar das Rollschuhfahren lernen müssen. Regisseur Jürgen Lorenzen, seit "Ladies Night" und "Der Kontrabass" eine Art Erfolgsgarant für intelligente Komödien, wollte es so. Keine unlösbare Aufgabe für einen, der einst als "Downhill-Inliner" auf winzigen Rädern Schweizer Berge herunter gerast ist. Je turbulenter das Stück, desto präziser die Proben

Aber die Fortbewegung ganz ohne Bremse, auf einer mit Requisiten versehenen Bühne ist doch kein Kinderspiel. So hat er sich einen Lehrer gesucht, der ihm weiterhalf. Sich etwas Neues aneignen, was man sonst nie kennen gelernt hätte, das sei es doch, was Spaß mache an diesem Beruf. "Robert de Niro hat für einen Film sogar eigens das Saxofonspielen gelernt", schwärmt Bangerter. De Niro gilt als Genauigkeitsfanatiker. Und auch sein junger Trierer Kollege hat die Erfahrung gemacht, dass ein Stück, je bunter, spontaner und turbulenter es daherkommt, um so präziser gearbeitet sein muss. So seien etwa die Proben für den Diener zweier Herren "oft unglaublich trocken und überhaupt nicht lustig". Was im Umkehrschluss dem Trierer Publikum eine ausgesprochen unterhaltsame Produktion verspricht. Premiere am 12. November. Weitere Termine: 20. November, 3., 10., 13., 16. , 21. Dezember, 15. und 20. Januar. Karten und Info unter Telefon 0651/7181818.

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