Deftig, fröhlich und todtraurig

TRIER. Zu einem musikalischen Feuerwerk hatte die Klezmer Alliance in den großen Saal der Tufa eingeladen. Die sechs Vollblutmusiker rissen ihre Zuhörer zu wahren Begeisterungsstürmen mit.

Aus Moldawien, England und Deutschland kommen sie, und der Ruf, der ihnen voraus eilt, ist nicht übertrieben: Für viele sind sie "Europas heißeste jiddische Tanz-Party." Nun gut, zum Tanzen reichte es im gut besetzten großen Saal der Tufa nicht, aber zum rhythmischen Mitklatschen allemal. Die Klezmer Alliance bot ein geschickt zusammen gestelltes Programm überwiegend lebhafter und feuriger, aber auch einiger zarter und lyrischer Stücke. Die jiddische Musik entwickelte sich in den Ghettos Osteuropas. Nur zum Teil verständlich sind die Texte, denn neben deutschen Elementen enthält das Jiddische auch hebräische, aramäische, slawische und litauische Elemente. Vor allem im ersten Teil des Konzerts glaubte man, viele der dargebotenen Stücke und Lieder zu erkennen, erinnerten sie doch an das berühmte "Hava nagila", zu dessen Melodie meist der israelische Nationaltanz "Hora" getanzt wird. Von den sechs Musikern ist wohl an erster Stelle der moldawische Sänger und Komponist Yefim Chorny zu nennen. Spindeldürr, Bart und lange graue Haare, gekleidet in einen grauen Anzug, der mehrere Nummern zu groß erscheint, macht Chorny optisch einen zerbrechlichen Eindruck. Aber wer ihm genau in die funkelnden Augen sieht, der ahnt, was in diesem Mann steckt. Mit seiner Stimme versteht er es, den Bogen vom Fröhlichen und sogar Humoristischen bis hin zum Lyrischen und Traurig-Tragischen zu spannen. Rhythmisch zusammen gehalten wird das Spiel der Klezmer Alliance von der moldawischen Pianistin Susan Ghergus und dem englischen Schlagzeuger Guy Schalom. Ihm sagt man sogar nach, der beste Klezmer-Schlagzeuger diesseits des Atlantiks zu sein. Eher im Hintergrund, aber nicht weniger virtuos agiert der deutsche Kontrabassist Thomas Fritze, ob mit dem Bogen oder gezupft. Sein ebenfalls deutscher Kollege Andreas Schmitges zeigt sein Können an der Gitarre und der Mandoline.Vorzügliche Tontechnik

Und was wäre Klezmer-Musik ohne den mal jubelnden, mal klagenden Ton der Klarinette? Bernd Spehl bildet mit Schmitges und Fritze das Kölner Trio "A Tickle in the Heart", etwa "Ein Kitzeln am Herzen". Und zumindest das Gemüt wird von Spehls Klarinette-Spiel reichlich angesprochen. Ein großes Lob der Tontechnik, die auf vorzügliche Weise dafür sorgte, dass die Balance unter den Instrumentalisten und zwischen ihnen und dem Sänger im Tufa-Saal immer stimmte, und das gilt auch für die Lautstärke. Das Publikum dankte mit Bravo-Rufen und lang anhaltendem Applaus.

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