Deine Stadt, das unbekannte Wesen
Baukulturellen Dialog als erste Bürgerpflicht und Bewusstsein für das gebaute Erbe und dessen angemessene Nutzung fordert seit Jahren das Trier-Forum. Letzteres darf nicht nur für baukulturelle Leuchttürme gelten, wie die neue Vortragsreihe "Der Blick zurück und neue Wege" zeigt.
Trier. Wer ist die Stadt? Die Antwort ist ganz einfach: natürlich die Gemeinschaft der Bürger. Gleichwohl scheint das bürgerliche Interesse am gebauten Umfeld, an Stadtplanung und Stadtwicklung sowie am Erhalt des gebauten Erbes eher gering. Nicht nur Aaron Betsky, der Direktor der diesjährigen Architektur-Biennale in Venedig beklagt allerorts das Fehlen eines öffentlichen baukulturellen Dialogs. Beschränkt sich in der Regel der Gesprächsbedarf doch auf den Austausch zwischen Genehmigungsbehörden und Bauherren und den üblichen parteipolitischen Schlagabtausch. Wenn es aber um Planung geht, die öffentlicher Zustimmung bedarf: Wer geht daschon als Bürger aufs Amt, um sich die Unterlagen anzusehen und womöglich zu Wort zu melden?
Zu den wenigen, die seit Jahren Einmischung in die Stadtplanung als Bürgerpflicht reklamieren, gehört das 1987 aus Bürgerinitiativen hervorgegangene Trier-Forum. Ihm geht es nicht darum, selbsternannten Architektur- und Planungsexperten das Wort zu reden. Dem Forum liegt vielmehr daran, Architektur und Denkmalpflege als öffentliches Anliegen begreifbar zu machen.
Besondere baukulturelle Veranwortung
"Unsere Stadt, unsere Gemeinde, das sind wir", bekräftigt Forum-Vorsitzender Albert Zender. Dazu hat das Forum ein umfangreiches Programm aufgelegt, das neben Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Exkursionen, einem Preis und einer eigenen Schriftenreihe auch Arbeitskreise und Gesprächsrunden beinhaltet. Daneben beteiligen sich die Mitglieder im Denkmalbeirat der Stadt, am runden Tisch Baukultur und stehen auch nicht an, durch Eingaben bei Behörden bürgerliches Missfallen auszudrücken.
Dass eine Stadt wie Trier eine ganz besondere baukulturelle Verantwortung hat, ist für die Forumsleute eine Selbstverständlichkeit. Allerdings geht es der Initiative nicht nur um die Fünf-Sterne-Denkmäler aus Römerzeit und Mittelalter. Auf die beachtliche, aber bislang kaum wahrgenommene Vielfalt der über 100 denkmalwerten gebauten Zeugnisse aus der Zeit zwischen 1890 und 1910 will die diesjährige Vortragsreihe hinweisen. Unter dem Titel "Der Blick zurück und neue Wege" werden ausgewählte Beispiele jener Zeit vorgestellt und ihre aktuelle Nutzung diskutiert.
Die Reihe beginnt mit einem grundsätzlichen Blick auf den "Aufbruch ins 20. Jahrhundert" am 14. August. In Vorträgen plus Führung werden anschließend ausgewählte Bauten vorgestellt.
Extra
Das Programm: 14. 8.: Aufbruch in das 20. Jahrhundert, Neue Initiativen für das alte Trier, Rheinisches Landesmuseum, Weimarer Allee 1; 21.8.: Ehemaliges Provinzialmuseum, Rheinisches Landesmuseum, Weimarer Allee 1; 28.8.: "Neue Regierung", Vermessungs-und Katasteramt, Sichelstr. 8; 4.9.: "Alte Handelskammer" , Haus des Handels Kaiserstraße 27; 11.9.: Kellerei Förster, Saar-Mosel-Winzersekt GmbH, Gilbertstraße 34; 25.9.: Dom, Domrestaurierung um 1900, Romanischer Saal Domkreuzgang; 2.10.: Villa Reverchon, Zivildienstschule, Römerstr.100, Trier-Pallien; Anfangszeiten jeweils: 19.30 Uhr, Ausnahme: Termine am 25. 9. und 2.10. um 18.30 Uhr. (er)