Der Klimaschock trifft die Region

MORBACH. Just an der Stelle, wo im Jahr 2000 zweieinhalbtausend Besucher (die Fans heulten Rotz und Wasser) dem Rückzug von Klimaschock aus dem Musikgeschäft nachtrauerten, genau da sollte der temporäre Wieder-Einstieg der Band stattfinden. Aberglaube oder gutes Omen? Beides stand vielleicht Pate. Auftakt geglückt: Klimaschock präsentierte sich am Samstag in Bestform.

Eine halbe Stunde verspätet betraten die sechs Musiker - ganz in Weiß gekleidet - die Bühne der Morbacher Baldenauhalle. Der hinausgezögerte Beginn des Comebacks (präsentiert vom Trierischen Volksfreund) lag nicht daran, dass Leadsänger Christian Kaiser und Co. sich nicht hinausgetraut hätten ins grelle Scheinwerferlicht, als mehr an der zu Anfang (noch) mageren Besucherzahl. Doch so langsam füllte sich die Halle mit nachher stark 500 Besuchern aller Altersklassen. "Wir sind zurück", rief Christian Kaiser ins Mikro. Fünf Jahre hatten die Fans darauf warten müssen. Und schon ging auch gleich der Punk ab. Der feine weiße Zwirn überstand nicht einmal die erste Viertelstunde, da hatten sich Christian Kaiser (Gesang), Chris Simon (Keyboard, Gesang), Nicolas Sieger (Gitarre), "Frau Hansen" Daniel Dillenburger (Gitarre), "Haribo" Harald Müller (Bass) und Sascha Kaudy (Schlagzeug) mit stinknormalen Jeans auch schon ein legeres Outfit angelegt. Partyspaß lautete die Devise für die folgenden zweieinhalb Stunden, aber nicht so brav wie etwa auf der Dorfkirmes oder einer Ballnacht mit Herrschaften in gesetztem Alter. So alt sind die "Ü-30" schließlich auch nicht. Weil Christian Kaiser schon gleich zu Beginn mächtig auf der Bühne umherwirbelte (springt mindestens so hoch wie Guildo Horn und schwitzt nicht weniger), drängte sich die Frage auf, wie lange der 37-Jährige dieses Tempo durchhalten werde. Alle Achtung: Die Puste ging Kaiser bis zum Schluss nicht aus. Auch allen anderen, der für einige (Frühlings-)Konzerte wieder erstandenen Regio-Kult-Band, nicht. Die Songs der Neuen Deutschen Welle (NDW), die Klimaschock einst zu ihrem Markenzeichen machte, kommen nach den Jahren des "Nicht-Aktiv-Seins" (als Klimaschock) auffallend erfrischend und kernig daher. Auffallend: Klimaschock ist musikalisch gereift. Bereits als das Sextett 1995 loslegte, war die NDW im großen Musikbusiness tot. Keine Hürde für die Jungs vom Saargau. Aber es ist nicht etwa ein bloßes Nachsingen (und -spielen), was Christian Kaiser und Co. bieten. Die meisten Songs wurden so arrangiert, dass vom Original wenig übrig blieb. Beispiel: Der Biene-Maja-Song oder der Heintje-Schlager "Ich bau dir ein Schloss…" Nur noch der Text hat etwas mit Karel Gott oder dem einstigen Kinderstar zu tun. Die Klimaschocker interpretieren die oft gitarrebetonten Songs schnörkellos in gradlinigem Rocksound, mitunter kraftvoll und hart, aber nie unbarmherzig. Über 40 Lieder (auswendig) haben die Jungs noch drauf. Kein Wunder, wenn das Publikum auf einmal "völlig losgelöst" reagiert. Arme hoch. Alle singen mit. Bereits in der ersten Stunde des Auftritts erhellen Feuerzeuge das Dunkel des Zuschauerraums. Bodenstämmig ist die Band. Vielleicht ist gerade hier der Erfolg jener Musiker zu suchen, die allesamt "aus kleinen Käffern" stammen. Zurück zu Nena: Klimaschock fährt gleich mehrmals auf Songs der Rocklady ab (war dies jemals anders?). Also hebt sich Leadsänger Christian Kaiser die "99 Luftballons" für den Schluss auf. Frauenstimme (Nena) oder "Kaiser" Christian: Klimaschock versteht es, das Publikum mitzureißen, nicht nur bei temperamentvoller, quirliger Unterhaltung nach dem Motto "Ich will Spaß, ich will Spaß". Die Musiker haben für ihr Comeback einiges gestemmt. Da bleibt ihnen zu wünschen, dass bei den künftigen Konzerten die Tausender-Marke bei der Besucherzahl erreicht wird. Nächste Termine: 9. April Dreis, 16. April Orscholz, 23. April Trier.

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