Der Metzger und das Bier

Wenn sich 400 Menschen beim vom Trierischen Volksfreund präsentierten Eifel Literatur Festival fast ununterbrochen auf die Schenkel klopfen, dann muss der Autor - in diesem Fall Tommy Jaud - ein besonders komisches Exemplar sein.

 Tommy Jaud las in Irrel. TV-Foto: R. Schaal

Tommy Jaud las in Irrel. TV-Foto: R. Schaal

Irrel. (bec) "Eifel-Millionär": Hört sich an wie der neueste Coup von Krimi-Autor Jacques Berndorf. Tatsächlich ist es aber eine ziemlich exklusive Version von Tommy Jauds "Vollidiot"-Nachfolger, die Jaud sich eigens für das Eifel-Literatur-Festival ausgedacht hat. Da wird der Name der verhassten Bank (bei der Protagonist Simon Peters nur deshalb ein ständig überzogenes Konto hat, weil sie ihm vor Jahrzehnten eine TKKG-Kassette geschenkt hat) kurzerhand ausgetauscht, weil eben jene Bank zu den Sponsoren des Festivals gehört. Das Bier im Buch kommt nicht mehr aus Bremen, sondern aus Bitburg. Selbst der Festival-Vater muss dran glauben: Die Antwort einer mecklenburgischen Metzgerei auf einen der unzähligen Beschwerdebriefe von Simon Peters ist unterschrieben mit "Dr. Josef Zierden - Qualitätssicherung".

Tommy Jaud zuzuhören, ist ein Genuss. Obwohl er sein Publikum in lispelnder Reich-Ranicki-Manier vorwarnt: "Das hier ist doch gar keine richtige Lesung!" Das konnte aber auch niemand erwarten. Nicht von einem Mann, der sich solche urkomischen, manchmal bösen, manchmal albernen Geschichten ausdenkt. Würden die Zuschauer die Augen schließen, dann wäre es fast wie ein Hörbuch. Von Norden bis Süden - kaum ein Dialekt, den Jaud nicht beherrscht. Der Kölsche Vermieter, der norddeutsche Arzt, die ostdeutsche Bankangestellte - sogar als Muezzin kommt Jaud daher. Nur seinen Heimat-Dialekt, das Fränkische, lässt er außen vor. An dieser Stelle sei aber versichert: Er kann's noch! "Das is a weng einge rrrrostet", sagt er dem TV. Die Augen zu schließen wäre allerdings fatal. Denn dann würde das Publikum Jauds Grimassen verpassen, die seine Lesung eher zu einem Schauspiel machen - und die ohnehin sehr komischen Erlebnisse seines Protagonisten noch lustiger wirken lassen. Obwohl ein Männerroman, amüsieren sich auch die Frauen im Saal prächtig. Vielleicht, weil ihnen manches bekannter vorkommt, als es ihnen lieb ist. Literaturkritier Marcel Reich-Ranicki würde es in einem Moment der Schwäche möglicherweise so formulieren: "Es war zwar keine richtige Lesung - aber dieser Blödsinn war verdammt komisch." w

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