Der Raum jenseits der Räume

MAINZ. Auch die Räume der Region hat er immer wieder mit seinem Werk gestaltet und "geteilt". Heute erhält der Holzbildhauer Jan Leven aus Bereborn in Mainz den Förderpreis Bildhauerei des Landes-Rheinland-Pfalz.

 Raumgreifende Großskulptur: Jan Leven schuf das Werk für die Ausstellung "conseguenza ritardata” in den Trierer Viehmarkt-Thermen.Foto: Roland Morgen

Raumgreifende Großskulptur: Jan Leven schuf das Werk für die Ausstellung "conseguenza ritardata” in den Trierer Viehmarkt-Thermen.Foto: Roland Morgen

Gehäuse waren schon immer sein Ding. Nicht nur, dass er damit vor ein paar Jahren eindrucksvolle Ausstellungen im Wittlicher Georg-Meistermann-Museum und in Konz-Karthaus bestückte (der TV berichtete). Die gebauten Schutz- und Lebensräume von Mensch und Natur beschäftigen Jan Leven seit vielen Jahren. Zuweilen wirkt der Holzbildhauer, der sich ungern öffentlich ablichten lässt, selbst ein wenig wie ein künstlerischer Hieronymus im Gehäuse. In den idyllischen Eifelort Bereborn im Kreis Daun hat er sich zum Arbeiten zurückgezogen. PR-Anschläge auf die Privatperson Jan Leven wehrt er aus dem Rückhalt des umgebauten Bauernhauses, in dem er wohnt und sein Atelier eingerichtet hat, nach Kräften ab. "Ich will, dass nicht über mich, sondern über meine Kunst geschrieben und geredet wird", verweigert sich der Wahl-Eifeler der Öffentlichkeit.Große Leidenschaft für die Architektur

Dem Mann kann geholfen werden. Schließlich ist es ja die Kunst, die den 1960 in Frankfurt geborenen Bildhauer zum mehrfachen Wettbewerbsteilnehmer, wiederholten Stipendiaten und in diesen Tagen zum Gewinner des Förderpreises Bildhauerei 2004 des Landes Rheinland-Pfalz gemacht hat. Fast genau zwei Jahrzehnte ist Levens Lebensgemeinschaft mit der Kunst alt. Erstmals kam er 1983 mit ihr zusammen, als er in Siegen ein Studium der Geschichte und der Kunst begann. Von dort wechselte er an die Düsseldorfer Kunstakademie, wo er der Kunst als Studienfach die Architektur hinzufügte. In der Baukunst war es vor allem das "innere Formschaffen der Natur", um es mit Dichterfürst Goethe zu sagen, das den Bildhauer lange zur intensiven Auseinandersetzung reizte. Schneckenhäuser, Fruchtstände, Samenkapseln und Knospen untersuchte er immer wieder und mit der ihm eigenen unnachgiebigen Genauigkeit auf ihre äußere Form und innere Logik, um sie dann selbst künstlerisch zu überformen. Im Wortsinn herausgekommen sind dabei ausgesprochen reizvolle Holzkörper, die ihre natürliche Herkunft nicht verleugnen wollten und dennoch ihren künstlerischen Eigenstand als Skulptur behaupteten. Späte "Kinder" jener Zeit sind jetzt seine Beiträge zum Skulpturenweg der Landesgartenschau. Levens "große Leidenschaft für die Architektur" begnügte sich indes nicht mit den kleinteiligen "bergenden Naturformen". Die von Menschen gebaute Umwelt und die Bedingungen ihrer Räume galt es zu ergründen und sich künstlerisch anzueignen. "Ich will mir große, starke Architektur aussuchen." Die gab es auch in der Region. "Raum-Teiler" im Wortsinn schuf der Künstler für den Innenhof des Simeonstifts oder (anlässlich der Teilnahme am Robert-Schuman-Preis 2003) für einen anmutigen Salon des Luxemburger Stadtmuseums. Zum Fest für seine architekturbegeisterten Sinne wurde sein jüngster Italienaufenthalt. Als Stipendiat des Landes Rheinland-Pfalz verbrachte Leven im vorigen Jahr drei Monate in der Casa Baldi bei Rom, einer Dependance der Villa Massimo. Als künstlerische "Spätfolge" der nachhaltigen südlichen Architekturerfahrungen entwickelte er für die Viehmarktthermen eine achteckige Holzskulptur, die lediglich den Raum markiert und von italienischen Kirchenbauten angeregt wurde. Mit ihr gelang es dem Bildhauer, die Gehäusegrenzen seiner früheren Arbeiten zu durchbrechen. Nicht länger war er auf die geschlossene fassbare Form angewiesen. Als Idee hatte er den Raum verinnerlicht, sichtbar nur noch in ein paar hölzernen Zeichen, ein frei bleibendes Angebot für jedermann, mit seinen Vorstellungen darin aus- und einzugehen. Auch sonst reizen den Bildhauer Raumüberschreitungen. Längst hält er den klassischen "white cube" , den weißen Schutzraum der Museen, nicht mehr für "die letzte Welt" des Künstlers. Weit spannender ist ihm "das Spiel mit dem Raum" der gebauten Alltagswirklichkeit. Weshalb er denn auch demnächst nach Rom reisen will, um die Skulptur aus den Viehmarktthermen auf ihre Funktion im Hof des dortigen Goethe-Instituts zu überprüfen.

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