Der Welt entrückt

Neuerburg . (gkl) Mit ihrem vierten Konzert machten die Mozartwochen Eifel, präsentiert vom Trierischen Volksfreund Station in der mittelalterlichen Burg in Neuerburg. Die Zuhörer im ausverkauften Saal konnten ein Konzert erleben, dass jedem kulturellen Zentrum zur Ehre gereicht hätte.

Kultur spielt sich nicht nur in großen Städten und in den Zentren der Regionen ab. Bestes Beispiel dafür war der Eifelort Neuerburg, der die Mozartwochen Eifel eingeladen hatte. Der ausverkaufte Saal in der Burg des 1400 Einwohner zählenden Ortes zeigte, dass solche Angebote angenommen werden, obwohl das Leipziger Streichquartett, verstärkt mit dem Bratschisten Hartmut Rohde, schwere Kost mitgebracht hatte. Was Andreas Seidel und Tilman Büning (Geige), Ivo Bauer (Bratsche) und Matthias Moosdorf (Cello) in der gotischen Kapelle der Burg darboten, hatte Charakter. Kinder, die eine unzureichende Körpersensorik haben, werden von Therapeuten bisweilen mit einem Bällebad therapiert, damit der Körper flächendeckend Reize erhält. Ähnlich erging es im übertragenen Sinne den Zuhörern. Die Musik umfloss das Publikum

In unglaublicher Dichte erklangen das Streichquintett g-Moll, KV 516, von Wolfgang Amadeus Mozart und das F-Dur Quintett, WAB 112, von Anton Bruckner. Man fühlte sich von allen Seiten von Musik umgeben, konnte die Klänge mit jeder Faser des Körpers spüren. Schon nach wenigen Tönen banden die Musiker ihr Publikum in das Geschehen ein, erzählten von Melancholie, Leid und Tragik bei Mozart, von transzendenten, der Welt entrückten Gedanken bei Bruckner. Besonders Bruckners Komposition - das einzige kammermusikalische Werk aus der Feder dieses Meisters- erschließt sich dem Zuhörer nicht von selbst. Es bedarf, und das war in Neuerburg in höchstem Maße gegeben, eines Ensembles, das die fast schon atomare Struktur des Werkes ergründet und in absoluter Einigkeit seine Erkenntnisse weitergibt. Dem Quintett gelang es, die vielen kleinen Bausteine, aus denen diese kammermusikalische Sinfonie gestaltet ist, auszudeuten, ohne den großen Zusammenhang zu verlieren. Dass dies nur mit einer makellosen Technik möglich ist, versteht sich von selbst. Bravorufe und langer, stürmischer Applaus honorierten ein kulturelles Erlebnis, wie man es so in einer der großen Konzerthallen der Welt hätte erleben können.

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