Der Zauber des leisen Klangs: 42. Clavichordtage in Welschnonnen

Trier · Kontrapunkt in lautstarker Zeit: Wer Clavichordmusik genießen möchte, muss die Stille lieben. Die Ahnen des Klaviers klingen zart, filigran. Dafür wird der Zuhörer in der Trierer Welschnonnenkirche mit meisterhaften Interpreten belohnt - auch am Wochenende.

 Mathieu Dupouy ist ein Meister am Clavichord. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Mathieu Dupouy ist ein Meister am Clavichord. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Foto: mechi (g_kultur

Trier. Es ist diese Stille. Dieser Hauch von Klang. Töne, zart wie Schmetterlingsflügel. Es braucht Minuten, bis sich das Gehör gewöhnt hat. Doch dann kommt der Genuss.

Mathieu Dupouy ist ein Meister auf dem Clavichord. Der Franzose versteht es, die Tasten samtweich anzuschlagen. Filigrane Töne, wie hingehaucht, entweichen dem Instrument, dem flüsternden Vorfahren des Klaviers. Es ist so leise, dass jedes Umblättern im Programmheft zu hören ist. Doch die geringe Lautstärke beeinträchtigt das Hörvergnügen nicht. Zumal Dupouy durchaus anpacken kann - dann werden die Töne fester und auch etwas lauter.

Wie geschaffen für diese Musik ist die Akustik der Welschnonnenkirche - hier kommen die zarten Klänge besonders gut zur Geltung. Und die dicken Mauern schirmen den Lärm und die Hektik des Feierabends in der Trierer Innenstadt völlig ab. Drinnen fällt alle Hektik ab. Hier perlen die Töne von den Fingern des Künstlers über die Tasten und die dünnen Saiten des Instruments, schwingen sich durch das Kirchenschiff direkt in die Gehörgänge.

Mit ein Grund, weshalb Heiko Hansjosten, Vizepräsident der Deutschen Clavichord-Societät, die 42. Clavichordtage im Rahmen des Mosel Musikfestivals nach Trier geholt hat. Regelmäßig nehmen bis zu 40 Musikliebhaber an der Tagung teil: Künstler, Instrumentenbauer und Interessierten aus ganz Deutschland, Frankreich, den Niederlanden. Jährlich treffen sie sich an immer anderen Orten - von Donnerstag bis Sonntag, 25. September, in Trier.

Den schnellen Läufen der Suite in e-Moll von Georg Friedrich Händel (1685-1759) verleiht Mathieu Dupouy in seinem Konzert mit dem Titel "Das englische Clavier (I)" eine fließende, tänzerische Leichtigkeit. Wunderbar kommt auch das "Grave" der Sonate op. 5 Nr. 6 von Johann Christian Bach (1735-1782) rüber. Dupouy gibt ihr eine so schwere Melancholie, wie sie auf dem Klavier kaum möglich ist, dafür klingt es weniger dramatisch.

Diese Präzision der Klänge ermöglicht die spezielle Konstruktion des Clavichords. Drückt der Spieler den vorderen Teil der Taste nieder, hebt sich der hintere. Das daran befestigte Metallplättchen schlägt an die dünne Saite und bleibt so lange daran, wie die Taste gehalten wird. So kann der Spieler den Ton auch nach dem Anschlag beeinflussen, etwa vibrieren lassen wie bei einer Violine. Vor allem diese Verzierungen sind die Stärken des Instrumentes, das bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts das Tasteninstrument für den heimischen Salon war. Erst dann übernahm das Klavier die Herrschaft. "Das Besondere an diesem Instrument ist die Intimität des Klangs und des Spiels", sagt Hansjosten. "Das Clavichord erforscht klanglich die Grenze zwischen ganz wenig und nichts." Es gebe es kein Tasteninstrument, das man so direkt spielen könne.

Satter, dennoch warm und etwas lauter die Klänge des Tafelklaviers - ein wunderschönes Originalinstrument aus dem Jahr 1810 - auf dem Dupouy zwei Sätze aus Bachs Sonate op. 17 spielt. Ganz weich perlen die schnellen Läufe des Prestissimos. Ludwig van Beethoven (1770-1827) Variationen über "Rule Britannia" zeigt dem Instrument aber Grenzen auf. Denn so majestätisch wie auf dem modernen Klavier klingt auf dessen Vorgänger die inoffizielle Nationalhymne Großbritanniens nicht. Dafür kommen die spielerischen Passagen besser zur Geltung.

Der zweite Teil des Konzerts mit Werken etwa von Peter Philips, John Bull und William Byrd ist am Sonntag zu hören.

Extra Das weitere Programm
Samstag, 24. September: 14 Uhr, Veit Jacob Walter entführt seine Zuhörer in die "Italienische Musik des 14. und 15.Jahrhunderts", eine Klangreise durch das Mittelalter mit Clavisimbalum, ein frühes besaitetes Tasteninstrument, und Organo portativo, eine tragbare Orgel.
15.30 Uhr, "Rekonstruktion des Clavichords nach Sebastian Virdung 1511", Vortrag von Andreas Hermert.
16 Uhr: Vorführung der ausgestellten Clavichorde.
18 Uhr, die Luxemburgerin Anne Galowich präsentiert unter dem Titel "Yin&Yang - Kontraste" Werke unter anderem von Sweelinck, Bach-Familie und F. Couperin auf dem Clavichord.
Sonntag, 25. September: 11.30 Uhr, Mathieu Dupouy spielt den zweiten Teil des Konzerts "Das englische Clavier (II)" - Musik der englischen Virginalisten. mehi

Extra Hintergrund
Das Clavichord ist eines der ältesten besaiteten Tasteninstrumente. Schon 1396 wurde der Begriff erstmals verwendet. Der Italiener Domenicus Pisaurensis baute das älteste erhaltene Clavichord im Jahr 1543. Eine große Rolle spielte das Instrument im 17. und 18. Jahrhundert in der Hausmusik. Die Komponisten Joseph Haydn (1732-1809) und Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) nutzten es noch zum Komponieren. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde das Clavichord oft auch als "Clavier" bezeichnet. Dann kam es langsam aus der Mode, denn es ist wesentlich leiser als das moderne Klavier. vk

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