Der ewige Kumpel

Weltklasse in Esch: Herbert Grönemeyer hat am Sonntagabend mit einem grandiosen Konzert in der Rockhal rund 7000 Besucher begeistert und erst nach zweieinhalb Stunden erschöpft die Bühne verlassen.

Esch. Manche Menschen brauchen kein Top-Aussehen oder tolle Klamotten. Sie haben das gewisse Etwas. Herbert Grönemeyer war schon immer so einer. Als er 1981 im Kinofilm "Das Boot" den naiven jungen Leutnant Werner mimte, wirkte er dabei genau so authentisch wie heute als Musiker. Nur dass er mit jetzt 51 Jahren so erfolgreich ist, wie er selbst vermutlich nie zu träumen gewagt hätte.

Weil er so herrlich selbstironisch ist

Gerade erst hat er eine Open-Air-Tournee hinter sich, zu der fast eine Million Menschen strömten. Seine Scheiben verkaufen sich wie warme Semmeln.

Herbert Grönemeyer, der Mann mit dem schütteren Haar und dem Allerweltsgesicht, das war und ist der ewige Kumpel aus Bochum, den man einfach mögen muss. Weil er ehrlich und offen rüberkommt. Weil er so herrlich selbstironisch ist. Weil er auf der Bühne so hart malocht wie andere am Fließband. Die meisten Künstler verschwinden nach zwei oder drei Zugaben, Herbert nicht. Der hängt noch fünf oder sechs weitere Lieder dran, bis auch der Letzte im Saal begriffen hat, dass hier einer steht, der Spaß haben und unterhalten will.

Die Gassenhauer wie "Bochum", "Männer" oder "Alkohol" funktionieren auch nach mehr als 20 Jahren noch perfekt. "Kopf hoch, tanzen" von seiner aktuellen CD "12" ebenfalls. Das ist ehrlicher, harter, tanzbarer Rock. Selbst die ansonsten so coolen Luxemburger gehen da mal richtig aus sich raus.

Grönemeyers Stimme war schon immer markant, aber früher bei weitem nicht so ausgeprägt und klar. Jahrelanges Training zahlt sich eben aus. Bei den leisen Passagen seiner gefühlvollen Songs ("Halt mich") merkt man das am besten. Da zeigt sich auch, dass ein Künstler noch besser wirkt, wenn er auf eine gute Band zählen kann. Und bei Grönemeyer sind nicht nur Profis am Werk, sondern auch sechs Streicher, was recht ungewöhnlich ist.

Dass Grönemeyer ein politisch denkender und sozialkritischer Mensch ist, weiß man nicht erst seit Hits wie "Tanzen" vom 86er Album "Sprünge", als er den damaligen Kanzler Helmut Kohl und seine Regierung angriff. In Esch präsentiert er ein Stück, das sich mit dem Aids-Problem in Afrika befasst. Allerdings ist "Marlene" vom Album "12" nicht sehr melodisch, was sehr schade ist. Den perfekten Abend zerstört das keinesfalls, es ist eher eine Randerscheinung - wie die vereinzelten Pfiffe. Die kassiert Grönemeyer, weil er fortwährend auf Französisch parliert. Und das nehmen ihm die Leute ein bisschen krumm. "Wir sprechen deutsch!", ruft einer. Wer hätte das gedacht…

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