Der geduldige Komiker

PRÜM. Es war ein Rundumschlag, zu dem Peter Hahne beim Eifel-Literatur-Festival in Prüm ausgeholt hatte: In der ausverkauften Aula der Wandalbert-Hauptschule sprach er über christliche Werte, die Nachwirkungen der 68er-Bewegung und das Brechen von Tabus.

Manchmal können die Gäste einer Talkshow unterschiedlicher nicht sein. So wie im August 2005, als Johannes B. Kerner die Journalisten Peter Hahne und Ulrich Wickert sowie die Comedians Atze Schröder und Kaya Yanar eingeladen hatte. Manchmal haben diese Gäste aber auch mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint - zum Beispiel dann, wenn Dauerwellen- und Pilotenbrillen-Träger Atze Schröder Höflichkeit fordert und Multikulti-Komiker Kaya Yanar für mehr Nächstenliebe plädiert. Oder, wenn der Journalist Peter Hahne an einem Abend in Prüm mehr Lacher erntet, als mancher Comedian auf seiner ganzen Tournee. Es sind die ironischen Seitenhiebe, die gut ankommen beim Publikum - sei es gegen Gerhard Schröder ("Den können Sie ja jetzt für das nächste Eifel-Literatur-Festival einladen") oder Oskar Lafontaine ("Euer kleiner Napoleon"). Und dann ist da noch Dieter. Hahnes ehemaliger Englischlehrer, der sich in der Zeit der freien Liebe und anti-autoritären Erziehung mit den Worten "Ihr dürft Dieter zu mir sagen" vorstellte. "Wir wollten Autorität, und wir bekamen Dieter", sagt Hahne, und fordert: "Wir müssen der jungen Generation zeigen, wo wir hinwollen. Denn das ist das Elend der 68er: Man hat damals keine Richtung vorgegeben." Peter Hahne muss ein geduldiger Mensch sein. So hat er den Hohn und Spott nach dem Erscheinen seines Buches "Schluss mit lustig! Das Ende der Spaßgesellschaft" einfach ausgesessen. "Man braucht Verrisse", sagt er heute, mit gebührendem Abstand und mehr als 900 000 verkauften Exemplaren im Rücken. Und siehe da: Wenige Monate später titelten große deutsche Magazine: "Neue Sehnsucht nach Werten". Den Erfolg erklärt sich Hahne so: "Es war genau der richtige Zeitpunkt für Fragen nach Grundwerten." Eines ist nach diesem Abend klar: Peter Hahne ist ein grandioser Redner. Er predigt nicht, wie es seine Forderung "Holt Gott zurück in die Politik" vermuten ließe. Er versteckt sich nicht hinter Worthülsen, wie viele jener Gesprächspartner, die er interviewt hat. Er beurteilt die Lage der Deutschen ("Wir leben in einer Gesellschaft der Weicheier"), ohne den moralischen Zeigefinger zu heben. Denn er weiß, dass es nicht das ist, wonach die Leute suchen: "Tabus müssen endlich weg und alle Themen auf den Tisch. Eine Trendwende entwickelt sich von unten." Er spricht eine klare, und am Ende auch versöhnliche Sprache, wenn er GmbH als Gesellschaft mit begründeter Hoffnung interpretiert, und in diesem Sinne weniger Ich-AGs fordert. Wer weiß: Vielleicht sieht man sie bald in einer Talkshow, friedlich vereint und sich gegenseitig zustimmend: Peter Hahne, Gerhard Schröder, Oskar Lafontaine. Und Dieter natürlich.

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