Deutsche Romantik - ganz speziell

Trier · Intendant Hermann Lewen gab sich selber ganz erstaunt: Zum ersten Mal nach 30 Jahren gab es beim Mosel Musikfestival ein Konzert in der Trierer Promotionsaula. Egal, ob deutsche Romantik und der Rokoko-Saal zueinander passen oder nicht - am Ende verbreitete sich beim "Soft Opening" des Festivals im Innenhof des Priesterseminars eine märchenhafte Sommerstimmung.

 Romantik pur: Das Hornquartett „German Hornsound" in der Promotionsaula des Bischöflichen Priesterseminars in Trier. TV-Foto: Martin Möller

Romantik pur: Das Hornquartett „German Hornsound" in der Promotionsaula des Bischöflichen Priesterseminars in Trier. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Dr. Möller (mö) ("TV-Upload Dr. M?ller"

Trier. Hätte ein Konzert schöner, stimmungsreicher und persönlicher ausklingen können? Kaum waren Schlussbeifall und Zu gaben vorbei, da drängte es die rund 250 Besucher der Trierer Promotionsaula nach draußen, zum Innenhof des Priesterseminars. Da standen sie in lockeren Gruppen, das kostenlose Glas Wein in der Hand, redeten und diskutierten. Und vom Balkon der Promotionsaula beschworen das Vokalensemble "Amarcord" und das Hornquartett "German Hornsound" noch einmal die Welt deutscher Romantik. Ein klingendes Resümee. Fantastisch!
Mit "Amarcord" hat das Mosel-Musikfestival ein exzellentes Vokalensemble nach Trier geholt. Intonation, Sprache, Klangbalance - alles steht zum Besten. Nur minimale Schwankungen zeigen, wie ungemein schwer dieses Ensemblesingen ist.
Und weil "Amarcord" von einem echten hohen Tenor angeführt wird und sich darin von den Kontrate nören britischer Formationen unterscheidet, klingt das Ensemble so strahlend-markant. Da schwingt die Ästhetik einer Barockorgel mit und wohl auch die langjährige Schulung der fünf Sänger bei den Leipziger Thomanern.
Mosel Musikfestival


So ausgestattet, modellieren sie Stimmengeflechte heraus, vertiefen sich in die reiche Harmonik bei Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy, bedenken bei Dichtern und Komponisten aus der zweiten Reihe die Gemeinplätze mit subtiler Ironie und verbinden sich mit dem Hornquartett zu vielschichtigem Musizieren. Und dann die Hörner - klingende Wahrzeichen deutscher Romantik! Welch breite Palette an Farben und Stimmungen zaubern die vier von "German Hornsound" - von schmetternder Energie bis zu sanfter Intimität. Und wenn sie bei Mendelssohn und Constantin Homilius (1813-1902) ohne die Sänger-Kollegen auf dem Podium stehen, dann entfalten sie echt romantische Stimmungen - träumerisch und zupackend, vertraut und fremd, fern und nah zugleich.
Bei allen Vorzügen: Es mag sein, dass "Amarcord" diese Breite an Farben und Stimmungen nicht ganz erreicht. Ihre Romantik ist spezieller, angelegt auf Humor und geprägt von der Auseinandersetzung mit Alter Musik. Sie mag spröde sein und streng, hält sich aber frei von klingenden Klischees.
Für das traditionelle Romantik-Bild ist der Stil von "Amarcord" eine echte Herausforderung. Aber eine, die zum Weiterdenken einlädt.

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