Die Ausweitung der Kulenkampff-Zone

Verstehen Sie Spaß? Zum vierten Mal gastierte die vom SWR produzierte ARD-Samstagabend-Show in der Arena Trier. Die Show im Zeitraffer - aus ganz subjektiver Sicht von TV-Reporter Andreas Feichtner.

 Live aus Trier: „Verstehen Sie Spaß“ mit Showmaster Frank Elstner (links) und Gast Wolfgang Lippert. TV-Foto: Willi Speicher

Live aus Trier: „Verstehen Sie Spaß“ mit Showmaster Frank Elstner (links) und Gast Wolfgang Lippert. TV-Foto: Willi Speicher

Arena Trier, 19.57 Uhr: Die 1200 Zuschauer in der ausverkauften Arena haben ihre Plätze eingenommen. Die Bier-Theke wird dichtgemacht. Üben ist angesagt. Der "Warm-Upper" gibt letzte Anweisungen. Ein bisschen mehr Applaus, wenn gleich Frank Elstner auf die Bühne kommt. Und welcher mutige Mann macht nachher beim Torwandschießen in Stöckelschuhen mit? Schließlich wollen 5,4 Millionen Zuschauer - das sind 18 Prozent Marktanteil - vor dem Fernseher miterleben, was Trier für eine Stimmung machen kann. Halleluja! 20.16 Uhr: Trier hat gelernt. Frank Elstner betritt die Bühne, bekommt rauschenden Applaus. Der erste Film mit versteckter Kamera heißt "Sprudelnde Katastrophe", ist aber humoristisch eher stilles Wasser. Das wird später besser.20.28 Uhr: Gleich zu Beginn der Show die einzigen internationalen Stars des Abends, die sich an eine jüngere Zielgruppe richten: Das englische Trio Sugababes ist der Gegenpol zu Andy Borg, Udo Walz, Wolfgang Lippert & Co, die später auf die Bühne kommen werden. 20.55 Uhr: Bernd Stelter, kölscher Karnevalsjeck im Bundeseinsatz, klampft vor einer Wand, auf der "Comedy" steht. Neuerdings setzt Stelter auf skalpellscharfes Polit-Kabarett, als legitimer Nachfolger von Dieter Hildebrandt. Immer einen Fingerbreit in den klaffenden Wunden der Gesellschaft. Scharfzüngig, pointiert, subtil. Ach so: Das war gerade ein Witz des Autoren, ein misslungener. Passt also.21.37 Uhr: Zum ersten Mal tritt der - ich sach' mal: eigentlich lustige - Kabarettist Rüdiger Hoffmann als Sänger in einer Fernsehshow auf. Er singt von "Sex oder Liebe", während sich eine leichtbekleidete junge Dame an einer Stange räkelt. Das mag vor den Fernsehern einige dazu bewegen, nicht umzuschalten oder sich ein Brot zu schmieren. In der Arena gibt es keine Fernbedienungen. 21.42 Uhr: Regulierungs-Wut: Die KFZ-Zulassungsstelle in Bayreuth war für einen Tag fest in "Verstehen Sie Spaß?"-Hand. Einen Wagen zulassen? Da braucht man Reifenabdrücke, natürlich Heiratsurkunden und "Beförderungsgenehmigungen" - da wird die Bürokratie unterhaltsam aufs Korn genommen. 22.08 Uhr: Volksmusik-Zampano Andy Borg und Elstner-Helfer Bodo Bach präsentieren sich bei einem Festival von ihrer unterhaltsamen, sympathischen Seite. Borg versucht auf der Arena-Bühne zwar anschließend, den guten Eindruck durch ein Medley zu zerstören, er schafft es aber nicht ganz. 22.15 Uhr: Star-Friseur Udo Walz bekommt es mit einer hochzeitswilligen Kundin zu tun, die anstrengender ist als Barbra Streisand. Sagt Walz anschließend in der Arena. Das muss wohl was heißen. 22.40 Uhr: Herr Elstner will wieder ordentlich überziehen. In der Medienkritik kommt seine Sendung selten gut weg. "Verstehen Sie Spaß?" gilt als Show-Dinosaurier. Die Ausweitung der Kulenkampff-Zone, sozusagen. Fast drei Stunden lang, mit jeder Menge Show-Programm und Prominenten, die es im Normalfall nicht bei Gottschalk auf die Couch packen würden. Da macht das Herzstück, die Filme mit versteckter Kamera, nur einen Bruchteil aus. Angesprochen werden soll die ganze Familie, auch wenn die 15- bis 49-Jährigen nicht unbedingt die Kern-Zielgruppe ausmachen. So läuft Humor: der Achtjährige lacht lauthals, der Opa grinst und der 30-Jährige, sarkasmusgestählt und internetgesotten, zuckt mit den Schultern: Habe ich die Pointe verpasst?Frank Elstner, Grandseigneur der Samstagabend-Unterhaltung, als Gastgeber durchaus angenehm: sehr unaufgeregt, sehr souverän. Einer, der nicht - wie Kollegen - den Berufsjugendlichen mimen muss.22.45 Uhr: Das Ensemble der West Side Story singt vor New-York-Kulisse. "Verstehen Sie Spaß?" kommt auf der Zielgeraden an. Zu Hause hätte man zwischendurch sicher ein paar Mal durchgezappt. Um dann Dieter Bohlen zu sehen (RTL) oder Stefan Raab (Pro7). Nein, da ist so eine Livesendung ohne Alternativen doch eine feine Sache.

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