Die Crème de la crème in der Nachbarschaft

LUXEMBURG. Mit 75 Opern-, Theater- und Ballettproduktionen locken das Grand Théatre und das Kapuzinertheater in der kommenden Saison das Publikum aus der ganzen Region nach Luxemburg. Internationale Stars geben sich ein Stelldichein.

Wenn die Luxemburger Theater der versammelten Journaille ein Saison-Programm vorstellen, dann gibt es keine Pressekonferenz, sondern eine Inszenierung. Durch ein Mitarbeiter-Spalier werden die Presse-Leute auf die Bühne des Grand Thèatre geleitet, wo eigens eine kleine Tribüne aufgebaut ist. Das Licht geht aus, der Vorhang öffnet sich, vom Zuschauerraum aus hält der Bürgermeister eine Rede. Wie von Zauberhand dreht sich die Tribüne, erneut öffnet sich ein Vorhang, dahinter verbirgt sich eine Ballett-Truppe, die - in Bühnennebel gehüllt - eine Choreographie aufführt. Nächste Drehung, nächster Vorhang, ein Pianist improvisiert am Flügel. Dann fährt die Tribüne in den Keller, nimmt auf dem Rückweg einen rezitierenden Schauspieler mit, um schließlich vor einer großen Leinwand Halt zu machen, auf der ein imposanter Videofilm die Höhepunkte der kommenden Spielzeit zusammenfasst.Großer Schwerpunkt: Mozart

Der Witz ist: Angesichts der Qualität des Programms wären die opulenten verkaufsfördernden Maßnahmen eigentlich gar nicht nötig. Denn Luxemburg bietet europäisches Metropolentheater von feinstem Zuschnitt. Die Oper steht zum Mozartjahr 2006 ganz im Zeichen des großen Wolfgang Amadeus. Zur Saisoneröffnung im Oktober kommt aus Aix-en-Provence "La Clemenca di Tito", im Januar schickt Brüssel "Il re pastore" mit Bruce Ford, und im Mai erfindet Luxemburg aus den Arien und Szenen unbekannter Mozart-Opern ein neues Werk namens "Mozart Short Cuts". Ein ähnliches Projekt vor Jahren in Salzburg wurde zum Welterfolg. Für Opern-Kulinariker steht im Dezember "Tosca" auf dem Programm, im Juni erlebt die legendäre Amsterdamer Dario-Fo-Inszenierung von Rossinis "Barbier von Sevilla" ihre Wiedergeburt. Dazu kommen mit Janaceks "Tagebuch einer Verschollenen" und Rihms "Jakob Lenz" hochkarätige Werke des modernen Musiktheaters in das Studio und spektakuläre Gastauftritte mit zwei der wichtigsten Mezzosopranistinnen unserer Zeit: Elena Zaremba und Anna Caterina Antonacci. Im Ballett lässt Intendant Frank Feitler es so richtig krachen. Mit Anne Teresa de Keersmaeker, der Trisha Brown Company, Sasha Waltz und dem Nederlands Dans Theater jagt ein Hochkaräter den nächsten - und das sind nur einige der 21 vielfältigen Tanztheater-Produktionen aus aller Welt. Große Namen bietet auch das Schauspiel. Isabelle Huppert kommt im Dezember für Sarah Kanes "4.48 Psychose", Jerome Savary gestaltet im März mit Tochter Nina ein musikalisches Spektakel über das Artistenleben. Mit dem Hamburger Thalia-Theater gastiert im Februar Deutschlands angesagteste Jung-Schauspielerin Fritzi Haberlandt als "Hedda Gabler". Aber es gibt auch hoch ambitionierte Eigenproduktionen. Die Dramatisierung von Dostojewskis "Der Idiot" (im Oktober) gehört ebenso dazu wie ein Projekt mit Schnitzlers "Reigen" und David Hares Adaption "The Blue Room" im November. Zum Programm gehört auch die deutsche Erstaufführung von Jordi Galcerans "Grönholm-Methode", die das Trierer Theater offiziell als Koproduktion angekündigt hat. Offenbar eine Fehlinformation. Man habe sich mit Trier "nicht über das Raum-Konzept einigen können", sagt Intendant Marc Olinger. Trier wollte im kleinen Studio spielen - zu wenig für die Kapuziner. Damit gibt es im zweiten Jahr hintereinander keine gemeinsame Arbeit der beiden Theater. In der Ära Kindermann waren die jährlichen Koproduktionen wie "Romeo und Julia" und "Hexenjagd" Höhepunkte im beiderseitigen Programmangebot - inzwischen scheint man von Trier aus die Prioritäten anders zu setzen. Kein Problem für die Kapuziner: Mainz und Mannheim kommen gerne nach Luxemburg. Luxemburg kommt allerdings mehr und mehr nach Trier. Zum Beispiel in Gestalt der Jahres-Programmhefte (genauer gesagt: 130 Seiten starke, edel gebundene Bücher), die für das Trierer Publikum im VHS-Bildungszentrum am Domfreihof kostenlos erhältlich sind. Über einen Bus-Zubringerdienst wird nachgedacht, ähnlich wie bei der neuen Philharmonie. Ausführliche Informationen, Besetzungen, Preise, Termine gibt es auch im Internet unter www.theater-vdl.lu

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