Die Entdeckung der Langsamkeit: Kabarettist Rüdiger Hoffmann amüsiert in Prüm mit absurden Alltagsdramen

Prüm · Ostwestfälisches Temperament trifft auf Eifeler Bodenständigkeit: Im Rahmen seiner Tournee zum 30. Bühnenjubiläum besucht der Comedian aus Paderborn zum ersten Mal die Abteistadt. Und siehe da - man versteht sich.

Prüm. Dass er überhaupt in Prüm auftrete, sei dem Geschichtsverein Prümer Land zu verdanken, sagt Rüdiger Hoffmann zu Beginn: "Dann können wir das Niveau heute ruhig mal anheben." 450 Zuschauer nehmen die Gelegenheit wahr, Hoffmann und seine Geschichten von absurden Alltagsdramen und zwischenmenschlichen Katastrophen zu erleben. Das beschauliche Tempo, in dem der Paderborner Temperamentsbolzen seine Gags zündet, ist sein Markenzeichen - und auch in der Karolingerhalle zeigt Hoffmann die hohe Kunst der "emotionalen Selbstbeherrschung". Es sind nicht allein die oftmals lange hinausgezögerten Pointen, die den Saal zum Lachen bringen, es sind auch die vielsagenden Pausen, die der Kabarettist setzt.

In seinen Monologen verspinnt er sich in Dutzende absurde kleine Nebengeschichten, die allein für sich genommen das Eintrittsgeld wert sind - und erst, wenn alle glauben, der schlaksige 52-Jährige oben auf der Bühne habe längst den Faden verloren, kommt die Pointe aus dem Hinterhalt wie ein Bumerang geflogen. "Es ist sehr unterhaltsam und kurzweilig, eine ganze Show mit Rüdiger Hoffmann zu schauen", sagen Juliane und Manfred Pütz aus Waxweiler. Sie kennen den inzwischen kahlköpfigen Comedian aus dem Fernsehen, "zumeist sieht man ja nur kleine Ausschnitte, heute können wir das volle Programm genießen."100 Prozent der Eheleute sterben


Das Programm, mit dem der seit den 1990er Jahren in Deutschland beliebte Kabarettist unterwegs ist, trägt den Titel "Ich hab's doch nur gut gemeint". Es ist keine Retrospektive, wie der Titel vermuten lässt (immerhin feiert Hoffmann in diesem Jahr sein 30. Bühnenjubiläum), sondern ein eigenständiges Solo-Programm voller neuer irrwitziger Geschichten, die er mit seinem unnachahmlichen Wortwitz ausbreitet.

Immer wieder kommt er vom Hölzchen aufs Stöckchen, erzählt vom Camping-Urlaub mit Monika und Hans-Peter, in dem eine Katastrophe der nächsten folgt, spricht über den eigentümlichen Hang seiner Freundin, obskuren Studien und Umfragen in Frauenzeitschriften zu vertrauen und zieht daraus Schlüsse, die den Saal zum Lachen bringen. "In einer Studie habe ich gelesen, dass 100 Prozent aller Menschen, die in einer Ehe leben, sterben," sagt Hoffmann. Pause, leises Gekicher. "Da besteht doch ein Zusammenhang!" Der Saal tobt. So und ähnlich funktionieren die Gags des Abends, die stets mit dem berühmten Satz "Ich weiß gar nicht, ob Sie 's schon wussten" beginnen.

Hoffmann muss im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen nicht laut und aufdringlich sein, dank seiner ruhigen Art hängen die Zuschauer an seinen Lippen. Das bewirkt, dass auch am nächsten Tag vieles im Gedächtnis bleibt: Etwa die beunruhigend komische Geschichte vom Paderborner Schützenverein, in dem sich viele in einer Selbsthilfegruppe organisieren, die sich "Anonyme Ausländerfeinde" nennt, oder der Einblick in das verkorkste Gehirn eines Hausbewohners, der seinen Nachbarn prophylaktisch anzeigt, weil er französische Vorfahren hat: "Noch ist ihm nichts anzumerken", sagt Hoffmann. "Na gut, er hat braune Augen. Bei uns im Haus kann keiner mehr ruhig schlafen, und wir wollen ihn mit der Anzeige auch vor sich selbst schützen - der Mann ist doch eine tickende Zeitbombe." vladi

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