Die Hymne der Protestanten

Trier · Mosel Musikfestival 2017 schließt am Dienstag mit Luthers "Ein feste Burg"

Trier (mö) Sie gilt als protestantische Nationalhymne. Martin Luthers Nachdichtung von Psalm 46 hat im 19. und 20. Jahrhundert eine erstaunliche Karriere gemacht. Seither gilt der Choral als Urbild des einerseits kämpferischen, andererseits obrigkeitstreuen Protestantismus. Jedenfalls führt im Luther-Jahr 2017 an diesem Choral kein Weg vorbei. Martin Bambauer, Kirchenmusikdirektor der Trierer evangelischen Gemeinde, hat für das Abschlusskonzert des Mosel Musikfestivals am 3. Oktober, 17 Uhr, in den Notenarchiven gestöbert und ist auf eine erstaunliche Entdeckung gestoßen.
Die Kantate über die "feste Burg", die Albert Becker (1834-1899) zum Luther-Jubiläum 1883 schrieb, war bislang ein Fall für die Musiklexika. Becker, übrigens Kompositionslehrer von Jean Sibelius, hat den Choral vielfältig musikalisch verarbeitet, ihn mit frei gedichteten Texten verbunden und den glaubensstarken Luther-Choral "Aus tiefer Not" integriert. Becker schrieb das Werk für Chor, großes Orchester und Orgel. Aber er bezieht sich nur selten auf den "neudeutschen" Stil der Wagner-Liszt-Schule. Häufig klingt in seiner konservativen Schreibweise die Chorsinfonik Mendelssohns an.
Mag der Choral erzprotestantisch sein - dieses Konzert ist von Grund auf ökumenisch. Dem Trierer Bachchor stehen aus der katholischen Kirchenmusik immerhin Domchor (Thomas Kiefer) und Vokalensemble St. Paulin (Volker Krebs) zur Seite, und die Trierer Philharmoniker liefern die instrumentale Basis der Aufführung.
Auch das übrige Programm besteht keineswegs aus Nebenwerken. Mit Max Regers Vertonung des 100. Psalms wagen sich die Interpreten an eine der dichtesten und schwierigsten Chorkompositionen überhaupt. Reger, der aus wirtschaftlichen Motiven den Schwierigkeitsgrad seiner Musik stets kleinredete, tat bei diesem Psalm-Opus glatt das Gegenteil: "Leicht ist der Psalm nicht", schrieb er an seinen Schüler Fritz Stein und forderte von den Ausführenden "Extraproben bis zur Bewusstlosigkeit".
Die Trierer Philharmoniker spielen außerdem Mendelssohn Bartholdys Sinfonie Nr. 5, die Reformations-Sinfonie, die Luthers Choral im letzten Satz zitiert. Chronologisch ist sie Mendelssohns zweites sinfonisches Werk. Der Komponist war indessen mit der Sinfonie nicht zufrieden. Direkt nach der Uraufführung im Jahr 1832 zog er sie aus dem Verkehr. publiziert wurde sie erst nach Mendelssohns Tod.
Als Solisten treten auf: Sabine Zimmermann, Sopran, Dagmar Linde, Alt, David John Pike, Bass. Eine Konzerteinführung gibt es um 15.30 Uhr im Kurfürstlichen Palais.

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