Die Leidenschaften der Seele erweckt

ECHTERNACH. Mit dem European Union Baroque Orchestra wurden die Echternacher Festspiele 2003 in der dortigen Basilika eröffnet. Unter Leitung von Paul Goodwin gestaltete das Ensemble einen Abend mit praller barocker Freude.

 Labsal für die Ohren: Die Musiker des European Baroque Orchestra eröffneten die Saison der Echternacher Festspiele 2003.Foto: Gerhard W. Kluth

Labsal für die Ohren: Die Musiker des European Baroque Orchestra eröffneten die Saison der Echternacher Festspiele 2003.Foto: Gerhard W. Kluth

Ein Feuerwerk der Lustbarkeiten stellte das Eröffnungskonzert der diesjährigen Echternacher Festspiele dar. Energie, schäumender Übermut, Lust an der Musik in ihrer reinsten Form - das charakterisierte einen Abend, wie er schöner nicht hätte sein können. Enttäuschend und auch nicht nachvollziehbar war lediglich die Zuhörerzahl. Denn gerade einmal zur Hälfte war die Basilika besetzt.Den Ouvertürenpart der Konzertreihe hatte diesmal das European Union Baroque Orchestra (EUBO) unter der Leitung von Paul Goodwin übernommen. Es bildet die Nahtstelle für viele junge Musiker vom Studentenleben hin zum Dasein als Profimusiker und bietet eine wichtige Plattform, auf der Orchester- erfahrung gesammelt werden kann. In dem 1985 gegründeten Ensemble versammelt sich die Crème de la crème junger Barockmusiker aus ganz Europa. Was zur Folge hat, dass sich mittlerweile in allen bekannten Barockensembles ehemalige EUBO-Mitglieder finden.Ausgezeichnete Voraussetzungen also für den Festivalauftakt, zumal mit Goodwin ein Dirigent am Pult stand, der sich gleichermaßen einen großen Namen als Barockinterpret und als Pädagoge erworben hat. Das Programm der jungen Musiker war einem europäischen Ensemble durch und durch angemessen, vereinigte es doch Werke unterschiedlichster nationaler Herkunft. Vertreten waren Georg Philipp Telemann, Matthew Locke und Georg Friedrich Händel. Angeführt wurde die Komponistenriege durch François (le Grande) Couperins "Dans le goût théâtral" aus dem Gesamtopus "Les Goût Réunis" aus dem Jahre 1724. Von der ersten Note machten die Akteure deutlich, dass sie in der barocken Tonsprache ihre ganz persönliche Ausdrucksform des Musizierens gefunden haben. Kein Zögern, kein Hadern war zu spüren. Energisch, die Streicher mit sattem Strich, die Bläser mit absolut sicherem Ton, gingen sie das Werk an. Der Musiktheoretiker Johann Mattheson schreibt in seinem Werk über den vollkommenen Kapellmeister: "Das rechte Ziel aller Melodie kann kein anderes sein, als eine solche Vergnügung des Gehörs, dadurch die Leidenschaften der Seele rege werden." Diese Anweisung schien Goodwin seinem Orchester als oberste Richtschnur gegeben zu haben.Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bedurfte es natürlich eines Höchstmaßes an technischer Sicherheit, das die Orchestermitglieder problemlos erfüllten. So war die Intonation im gesamten Klangkörper, inklusive der Bläser mit ihren Barockinstrumenten, ein Balsam für die Ohren des Publikums. Auch die teilweise halsbrecherischen Tempi konnten keine Unsicherheiten hervorrufen. So vorbereitet, war jeder Raum gegeben, sich ganz auf die stilgerechte Darstellung der Werke zu konzentrieren und die Inhalte der Suitensätze auszuloten. Neben Couperins Concert erklangen noch die Händelsche Wassermusik und Lockes Suite zum Schauspiel "Der Sturm" von William Shakespeare.Den umjubelten Höhepunkt bildete Telemanns Konzert e-Moll für Traversflöte, Blockflöte, Streicher und Basso continuo. Die Solisten waren die Orchestermitglieder Marjolein Lever (Traversflöte) und Andreas Helm, der sich im Ensemble auch als ausgezeichneter Oboist hervortat. Von Telemann ist bekannt, dass er seine Probleme mit Solokonzerten hatte, weil er die "virtuose Hexerey" ablehnte und mehr Wert auf die Sanglichkeit legte. Genau hier setzten die Solisten dann auch an und ließen ihren Part in allen vier Sätzen zu einem eindrucksvollen, nonverbalen Duett werden. Ein grandioser Auftakt zur neuen Spielzeit, eindrucksvoll und mitreißend.

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