"Die Leute wollen nur noch zu den Stars!"

BERNKASTEL-KUES. Die jahrelange Erfolgsbilanz der "Mosel Festwochen" hat in dieser Saison "eine kleine Delle" erhalten: Die Auslastung ging im Vergleich zum Vorjahr von 90 auf 80 bis 85 Prozent zurück. 15 000 Besucher erlebten die rund 80 Veranstaltungen - das ist im Vergleich zu 2002 ein Minus von 5000 Konzertgästen.

Intendant Hermann Lewen sieht für diesen Rückgang vornehmlich allgemeine, keine spezifisch die "Mosel Festwochen" betreffenden Gründe: Zum einen habe gerade in diesem insgesamt guten Festival-Sommer bei den klassischen Konzertangeboten der Markt geradezu geboomt, da die Anzahl der Mitbewerber und Konkurrenten erheblich gestiegen sei: "Wo früher eine Schlager-Tussi trällerte, wird heute ,Nabucco‘ aufgeführt!" Zum anderen habe sich gezeigt, dass den "Leuten das Geld nicht mehr so locker in der Tasche sitzt" wie noch in den Vorjahren. Zusätzlich hatten die "Mosel Festwochen" trotz des guten Sommers bei zwei geplanten Open-air-Veranstaltungen Pech: Das Konzert mit den Blechbläsern der Berliner Philharmoniker musste vom Innenhof des Kurfürstlichen Palais‘ in die Konstantin-Basilika verlegt werden, so dass die "Schön-Wetter-Besucher" fehlten. Auch die Doppelproduktion "Dido und Aeneas", die an einem extrem kühlen, nassen Wochenende im August stattfand, brachte den Organisatoren nicht die erhofften Besucherzahlen. Hinzu kam schließlich, dass der erfolgversprechende Freiluft-Auftritt des "Asian Youth Orchestra" - ursprünglich ebenfalls im Innenhof des Palais‘ vorgesehen - abgesagt werden musste, da das Ensemble wegen der Lungenseuche Sars nicht nach Europa reisen konnte. "Wenn man als Veranstalter in einem Jahr viele große Open-airs ,durchbekommt‘, dann hat man schnell 3000 bis 4000 Besucher mehr", sagt Lewen. Da die "Mosel Festwochen" ihr Angebot in dieser Saison insgesamt ein bisschen zurückgenommen haben und "in kleinere, aber feinere Veranstaltungssäle gegangen sind", zählt für den Festwochen-Chef, der seit ge-stern auch Kulturmanager der Region Trier ist, in erster Linie die prozentuale Platzausnutzung. Die lag in diesem Jahr zwischen 80 und 85 Prozent. "Das ist im Vergleich dessen, was insgesamt in der Region geboten wurde, für mich persönlich ein sehr gutes Ergebnis", so der Festspiel-Intendant. Insgesamt besuchten in dieser Saison 15 000 Gäste das Festival - das sind jedoch 5000 weniger als im Vorjahr. Doch nicht nur an nackten Zahlen will Lewen Erfolg oder Misserfolg gemessen sehen. Wichtig sind ihm seit Jahren weitere Kriterien: Ist das Publikum zufrieden? Wie reagiert die Fachkritik auf die Veranstaltungsauswahl? Und was sagen die beteiligten Künstler zu dem, was sie bei den "Mosel Festwochen" vorgefunden haben? Laut Lewen sieht es so aus, dass "wir nach wie vor eine große Begeisterung bei unseren Konzerten, nach wie vor kaum einen Verriss in der Fachkritik und zum dritten äußerst zufriedene Künstler haben, die immer gerne wiederkommen und sich von sich aus anbieten". So zum Beispiel Götz Alsmann, der nach zwei ausverkauften Konzerten in Bernkastel-Kues kommende Saison ein großes Open-air im Innenhof des Kurfürstlichen Palais‘ geben wird.Feidman und Alsmann als Höhepunkte

Publikumsrenner in dieser Spielzeit waren - neben der gut besuchten Eröffungsveranstaltung mit der Uraufführung einer Komposition von Herbert Heckmann im Trierer Dom - der Open-air-Auftritt von Giora Feidman in Trier, der "Zauber einer Sommernacht" auf der schwimmenden Moselbühne Kröv und die Kammerkonzerte in Kloster Machern (Artemis-Quartett, Il Giardino Armonico, Cantus Cölln). Im "Cross-Over-Bereich" fallen Lewen spontan die Konzerte von Götz Alsmann und Jocelyn B. Smith in Bernkastel-Kues sowie der Kabarettabend mit "Queen Bee" in Daun als "absolute Knaller" ein. Enttäuscht ist der Festival-Intendant vom Kaufverhalten der Kun- den, das allerdings auch bundesweit im Trend liegt: "Die Leute buchen nur noch die Big Points! Sie sind bereit, für ganz spektakuläre Dinge spektakulär viel Geld auf den Tisch zu legen. Doch es wird nicht honoriert, wenn ein Veranstalter junge Künstler an den Start bringt. Da hätte ich mir vollere Häuser gewünscht."Das Programm für 2004 steht bereits zu 80 Prozent

Ein Abspringen der Sponsoren befürchtet Lewen trotz des Besucher-Minus‘ nicht. Die alten Partner seien von der Qualität der Veranstaltungen überzeugt und hätten sich zum Teil langfristig an das Festival gebunden; mit neuen Sponsoren stehe man in Verhandlungen. Der "keineswegs gravierende" Rückgang wird auch kaum Konsequenzen für das Programm 2004 haben, das bereits zu 80 Prozent fertig gestellt ist. Der Festival-Chef setzt auf die über Jahre geprägte Marke "Mosel Festwochen" und das interessante Programm für nächste Saison unter dem Motto "Zeig‘ mir das Land Italien" - so das Thema des Kultursommers 2004 in Rheinland-Pfalz. Die "Mosel Festwochen 2003" enden am Freitag, 3. Oktober, 17 Uhr, mit Edward Elgars Oratorium "The Dream of Gerontius" in der Trierer Konstantin-Basilika. Karten: Tel. 06531-3000; Internet: www.moselfestwochen.de

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