Die Lotterie beginnt

Endspurt zum Festival-Start: Am Samstag beginnen die elften Antikenfestspiele. Diesmal ist der Zeitplan besonders eng, weil Oper und Schauspiel nicht nacheinander, sondern abwechselnd gespielt werden. Zwei Premieren innerhalb einer Woche: Da läuft der Theater-Apparat auf vollen Touren.

 Verzweifelte Schwestern: Ismene (Claudia Felix, links) und Antigone (Stephanie Eidt) bei den Proben im Amphitheater. Foto: Theater Trier/Josef Tietzen

Verzweifelte Schwestern: Ismene (Claudia Felix, links) und Antigone (Stephanie Eidt) bei den Proben im Amphitheater. Foto: Theater Trier/Josef Tietzen

Trier. Gerhard Weber gilt nicht als wetterfühliger Mensch. Normalerweise kann einen Regisseur und Intendanten, der meist in dunklen Theatersälen arbeitet, die Frage nach Sonne oder Regen auch ziemlich kalt lassen. Aber in diesen Tagen ist der Wetterbericht wieder einmal die wichtigste Lektüre für den Chef der Antikenfestspiele. Am Montag schlug das Phantom der Trierer Open-Air-Oper wieder zu: Pünktlich zur Pause der Hauptprobe trieb der Regen das Orchester in die Flucht. Wohingegen das düstere Schauspiel "Antigone" tags darauf bei strahlendem Sonnenschein geprobt werden konnte. Dessen Regisseurin Adelheid Müther kennt die Eigenarten der Trierer Witterung spätestens seit 1999, als sie bei den Antikenfestpielen einen gefeierten "Amphitryon" in Szene setzte. Aber das war im familiären Ambiente der Kaiserthermen, und nun muss sie die Riesenfläche des Amphitheaters bespielen. Prompt kommt Widerspruch: Von "müssen" könne keine Rede sein, sagt Adelheid Müther, sie finde es "fantastisch, dass man so viel Platz hat". Und auch Stephanie Eidt, die die Titelrolle übernimmt, liebt die langen Wege, geht es doch aus ihrer Sicht in Antigone um "Menschen, die sich auf den Weg machen". Die Größe des Raumes entspreche exakt der Größe des Stücks. Trotzdem muss man damit zurecht kommen. So entscheidet sich die Regisseurin für den Einsatz von Mikroports - für die Schauspieler eine weitere Herausforderung, müssen sie doch ihre emotionalen und stimmlichen Ausbrüche auf die elektronische Verstärkung abstimmen. Aber für die Zuschauer im weiten Rund bringt das die Sicherheit, dass sie alles verstehen. HA Schults "Trash-People" die Müther als Ausstattungs-Element von der Oper "geerbt hat", fungieren beim Schauspiel eng zusammengestellt als Chor. "Eigentlich eine naheliegende Lösung", sagt die Regisseurin, dennoch habe es eine Weile gedauert, darauf zu kommen. Die Chor-Texte werden vom Band eingespielt und von einem Schauspieler fürs Publikum "übersetzt". Unter den vielen Bearbeitungen des Original-Textes von Sophokles hat Müther eine besondere ausgesucht: Hölderlins Übersetzung in der Version von Martin Walser und dem Schauspieler Edgar Selge. "Ich liebe Hölderlin", bekennt sie, und die aktuelle Bearbeitung sei "zeitgemäß, aber nicht zu modernistisch". Dass Trier die "Antigone" nach zwei Opern-Produktionen 1999 und 2004 erneut auf das Programm der Festspiele gesetzt hat, ist kein Zufall. Man knüpft an Sophokles' "Ödipus" vom Vorjahr an. Dessen Kinder Antigone und Ismene - man erinnert sich an die eindrucksvollen Schlussbilder im Amphitheater - sind inzwischen Erwachsene, und sie geraten in unauflösliche Konflikte zwischen dem eigenen Gewissen und gesellschaftlichen Machtansprüchen. "Ein zeitloses Thema", meint Adelheid Müther, die mit ihrer Inszenierung "einen Bogen schlagen will zu der heutigen Situation von Menschen unter totalitärer Herrschaft". Da trifft sie sich mit der Intention, die Gerhard Weber für seine "Nabucco"-Regie reklamiert hat. Nach der Premiere wird man wissen, wer seine Ansprüche umsetzen konnte. Antigone am 14., 21. und 27. Juni im Amphitheater. Info: 0651/7181818, www.antikenfestspiele. de. Karten auch in den TV-Presse-Centern Trier, Bitburg und Wittlich, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 sowie unter www.volksfreund.de/tickets

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