Die Neunte ohne den Nebel der Pathetik

Zum 75-jährigen Bestehen des Caritasverbandes Luxemburg gab es eine musikalische Feier in der Philharmonie. Auf dem Programm stand Beethovens neunte Sinfonie, an deren Aufführung sich auch der Trierer Bachchor beteiligte.

Luxemburg. Ludwig van Beethovens Symphonie in d-Moll, 1824 uraufgeführt, vielfach auch einfach nur "die Neunte" genannt, hat in der Welt der Musikfreunde einen merkwürdigen Stand. Nicht wenige sind der Meinung, sie sei ja schon grandios, wenn nur der letzte Satz nicht wäre. Andere sagen, die ersten drei Sätze könnte man ruhig weglassen, der letzte Satz reiche vollkommen aus, um dem Genie Beethoven zu huldigen. Beides greift zu kurz, wird dem Werk nicht gerecht. Schon Claude Debussy attestierte ihr 1901, man habe sie in einen Nebel von hohen Worten und schmückenden Beiworten gehüllt und "schließlich machte man aus diesem so mächtigen und klaren Werk einen Popanz zur öffentlichen Verehrung."Jack Martin Händler leitete das Konzert

Der Caritasverband Luxemburg hatte anlässlich seines 75jährigen Bestehens zu einem Konzert in die Philharmonie eingeladen und eben die Neunte auf das Programm gesetzt. Ausführende des Abends waren die Solistes Europeens zusammen mit dem Kammerchor des Luxemburger Konservatoriums, den Pueri Cantores (beide unter der Leitung von Pit Nimax) sowie der Bachchor Trier (Leitung Martin Bambauer). Die Gesamtleitung hatte Jack Martin Händler. An den Anfang des Abends hatte man die Friedenshymne "Si tous les Hommes" von André Bénichou gesetzt, der diese Komposition extra für dieses Jubiläum überarbeitet hatte. Dieses süßliche, häufig hart an der Grenze zum Kitsch agierende Opus ließ die schlimmsten Befürchtungen für den nachfolgenden Beethoven aufkommen. Aber es sollte eine Überraschung geben. Händler ging recht nüchtern an das Opus 125 heran Sein Dirigat gab klare Linien vor, und sein Orchester folgte ihm in den ersten drei Sätzen ausgesprochen präzise, fast möchte man sagen: leichtfüßig. Aber es sollte ja noch der vierte Satz kommen, in dem das Orchester in diesem Fall von über 150 Choristen und vier Solisten ergänzt wurde. Aber Händler blieb sich und dem einmal eingeschlagenen Weg treu. Kein falsches Pathos, keine brüllenden Massen. Zwei ausgezeichnet vorbereitete Ensembles widmeten sich einem großen Werk ohne Heroismus.Darin fügten sich fast ausnahmslos die Solisten ein. Einen klaren und brillierenden Sopran lieferte Marie-Reine Nimax-Weirig, kraftvoll und warm agierte Malou Walesch als Altistin, strahlend, wie man es gewohnt ist, bewältigte der Tenor Marc Dostert seinen Part. Einzig der Bassist Michael Haag präsentierte die Schwülstigkeit, die alle anderen der Symphonie ersparten. Er sang mit Tremolo und forciertem Ton, was nicht ins Gesamtbild passte und darüber hinaus zur Textunverständlichkeit führte. Insgesamt war es allerdings ein großer Abend, der zurecht mit langem und kräftigem Applaus belohnt wurde.

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