Die Pannenserie reißt einfach nicht ab

Die staatliche KfW-Bankengruppe fördert seit Jahrzehnten mit Krediten den Mittelstand, finanziert umweltgerechte Sanierungen von Häusern und unterstützt Projekte in Entwicklungsländern. Das Institut, das heute 60 Jahre alt wird, steckt seit Monaten in einer Krise.

Frankfurt. Fast 60 Jahre lang war es ruhig um die staatliche KfW-Bankengruppe. Die Hausbank des Bundes mit Sitz in Frankfurt arbeitete in aller Stille und war in der breiten Öffentlichkeit nur wenig bekannt. Die KfW finanzierte den deutschen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und versorgte den Mittelstand mit günstigen Krediten. Das Bild von der soliden und eher langweiligen Staatsbank ist seit Sommer 2007 jedoch dahin. Seitdem reißt die Pannenserie einfach nicht ab. Zum 60. Geburtstag am heutigen Dienstag ist den Bankern nicht zum Feiern zumute.

Ramponiertes Ansehen



Das Ansehen der Bank ist ramponiert. Erst das Desaster um die Beteiligung an der IKB, die sich am Markt mit US-Hypotheken massiv verspekulierte und die KfW mit rund zehn Milliarden Euro belastete. Über diese Panne stolperte KfW-Chefin Matthäus-Maier im Mai 2008 nach nur 18 Monaten Amtszeit. Die IKB wurde im Sommer an den US-Finanzinvestor Lone Star verscherbelt. Mitte September folgte die peinliche Überweisung von 320 Millionen Euro an die US-Investmentbank Lehman Brothers am Tag ihres Insolvenzantrags. Daraufhin gab es eine Razzia der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue. Wegen der Bankenzusammenbrüche in Island verlor die KfW zudem Millionen. Und immer geht es um Steuergeld.

Die Staatsbank muss sich derzeit viel Häme gefallen lassen. Selbst Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) nannte die Überweisungspanne an Lehman einen "unsäglichen Hammer". "Bei so einer idiotischen Überweisung — da flippt sogar meine 89-jährige Mutter aus", schimpfte Steinbrück. Die "Bild"-Zeitung verspottete die KfW gar als "dümmste Bank Deutschlands".

So wird der Geburtstag von einer Reformdebatte über die Zukunft der KfW begleitet. Experten sehen in den Strukturen und der fehlenden Aufsicht der Bankengruppe ein Problem. "Es fehlt die Kontrolle", kritisiert der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Hartmann-Wendels. Der aufgeblähte 37-köpfige Verwaltungsrat müsse verkleinert und mit Experten besetzt werden. "Da sitzen keine Kontrolleure mit Fachkompetenz, sondern es werden Politiker nach Parteifarben bedient." Hessens Ministerpräsident Roland Koch verlangt, das Bankgeschäft der KfW müsse künftig von der Finanzaufsicht Bafin beaufsichtigt werden — so wie es bei Geschäftsbanken üblich ist.

Viele Bankexperten halten eine Änderung des Geschäftsmodells der KfW für notwendig, die mit öffentlichen Geldern finanziert wird und bei der im Notfall immer Vater Staat einspringt. "Die KfW muss sich wieder auf das konzentrieren, was sie kann, nämlich als Förderbank die Wirtschaft zu unterstützen", fordert der Bankenprofessor Hans-Peter Burghof. "Von risikoreichen Geschäften am Kapitalmarkt sollte sie dagegen die Finger lassen." Der neue Vorstandschef Ulrich Schröder hat bereits ein verschärftes Risikomanagement und eine konservativere Anlagepolitik angekündigt.

Die Existenzberechtigung der KfW steht aber trotz aller Kritik außer Frage. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie derzeit hat die KfW für den Bund große Bedeutung. Minister Steinbrück hat angekündigt, wegen der Rezession mit einem 15-Milliarden-Euro-Programm der KfW-Bankengruppe die Kreditversorgung der Wirtschaft zu sichern — als Teil des milliardenschweren Konjunkturprogramms.

Anders als bei "normalen" Banken ist für die KfW der Wille der Politik Gesetz. In der Geschichte der KfW hat sich der Bund immer wieder seiner Hausbank für Geschäfte bedient. Der Bund nutzt die Staatsbank dazu, Aktienpakete ehemaliger Staatskonzerne wie Post und Telekom zu parken. Auch bei der IKB stieg die KfW 1985 auf Bitten des Bundes ein. Die KfW gehört zu 80 Prozent dem Staat und zu 20 Prozent den Ländern.

An den Start ging die damalige Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit dem Inkrafttreten des KfW-Gesetz am 18. November 1948 — noch vor Gründung der Bundesrepublik. In Zeiten des Kalten Krieges übertrugen Amerikaner und Briten der Bank die Aufgabe, das zerstörte Deutschland mit Geldern aus dem Marshall-Plan wiederaufzubauen. Mit günstigen Krediten für die Industrie legte die KfW den Grundstein für das Wirtschaftswunder. Später wurde die KfW zu einem modernen Finanzdienstleister, der Kredite an den Mittelstand, aber auch an Studenten vergibt.

Im Jubel-Jahr keine schwarzen Zahlen



Zudem fördert die Bank Exportfirmen, Häuslebauer und Hilfsprojekte in Entwicklungsländern. Nach der Wiedervereinigung vergab die Bank zinsgünstige Kredite nach Ostdeutschland. Kritiker bemängeln, dass die Bank bei jeder Gelegenheit ihr Geschäft erweitert hat. "Aus dem schmalbrüstigen Nachkriegskind ist ein kräftiges Institut geworden", zog der damalige KfW-Vorstandssprecher Gert Vogt zum 50. Geburtstag Bilanz. Zum 60. sind die Aussichten weniger rosig. Der neue Chef Schröder musste jüngst einräumen, die KfW werde 2008 wegen der IKB- und Lehman-Last keine schwarzen Zahlen schaffen.

chronologie

1948: Die KfW-Bankengruppe wird als öffentlich-rechtliche Kreditanstalt für Wiederaufbau gegründet. 1961: Die KfW erweitert ihr Aufgabenfeld und übernimmt langfristige Finanzierungen von Investitions- und Exportgeschäften. 1990: Neue Aufgaben der KfW: Eigenheimfinanzierung und Aufbau Ost. 2001: Die KfW übernimmt von Allianz und Münchener Rück ein Aktienpaket von 33,2 Prozent an der Mittelstandsbank IKB, um diese zu erhalten. 7. April 2008: KfW-Vorstandssprecherin Ingrid Matthäus-Maier tritt zurück. Hintergrund: das Debakel um die Mittelstandsbank IKB, deren Mehrheitseigentümerin die KfW ist. Die IKB wird mit einem Milliardenpaket gerettet, die Hauptlast trägt die KfW. 21. August: Der US-Finanzinvestor Lone Star übernimmt die IKB. Die KfW hielt zuletzt 90,8 Prozent der Bank. 15. September: Die KfW überweist 320 Millionen Euro an die US-Investmentbank Lehman Brothers, obwohl sich deren Insolvenz abzeichnet. 29. September: Zwei KfW-Vorständen wird fristlos gekündigt. 22. Oktober: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt ermittelt gegen fünf Manager wegen Untreueverdachts. Hintergurnd: die Überweisung an Lehman. 6. November: Im Strudel des isländischen Bankencrashs verliert die KfW einen dreistelligen Millionen-Betrag.

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