Die Schönen und der Meister

TRIER. Noch vier Wochen, bis sich der Vorhang zum "Paradise of Pain" öffnet. Für drei der vier Hauptrollen hat das Theater Gäste engagiert: Guildo Horn mimt den braven Beamten Johannes Täufer, Stephanie Wettig und Sanni Luis fungieren als gegensätzliche Chefinnen des Himmels und der Hölle.

Die Damen könnten kaum kontrastreicher sein: Stephanie Wettig ist groß, blond und etwas blass nach den vierstündigen Vormittagsproben. Sanni Luis ist brünett, drahtig und mit einem Schuss Exotik ausgestattet, der nicht vermuten ließe, dass ihre Wiege in Schwaben stand. Die Beantwortung der Frage, wer von ihnen die himmlische Angelina und wer die teuflische Mephista spielt, wäre bei "Wer wird Millionär?" allenfalls 50 Euro wert. Gemeinsam haben die beiden eine unübersehbar gute Laune und eine Riesen-Vorfreude auf ihre Rollen. Für Sanni Luis, die seit zehn Jahren auf Bühnen in ganz Deutschland die großen Musical-Heldinnen von Sally Bowles ("Cabaret") über Evita bis Bella ("Die Schöne und das Biest") gesungen hat, bietet Mephista die Chance, "endlich mal ein richtig fieses Weib zu spielen". Die rhythmischen Funk-Klänge und Dance-Steps der Hölle, die in Millimeterarbeit mit Regisseur Holger Hauer und Choreographin Barbara Tartaglia erarbeitet werden, kommen ihr entgegen. In Stephanie Wettigs Himmel Lloyddet und Webbert es dagegen nach Herzenslust. Komponist Frank Nimsgern hat am musikalischen Zuckerguss nicht gespart. Genau das richtige für die erste Hauptrolle der ausgebildeten Musical-Darstellerin, die gerade "nebenbei" ihr Studium in Musik und Anglistik abschließt. Unter Holger Hauer hat sie am Theater Osnabrück in der West Side Story gespielt - offenbar so überzeugend, dass der Regisseur sie nach Trier mitgebracht hat. Nun wohnt sie für zwei Monate in einer möblierten Bude in Heiligkreuz und fährt jeden Tag auf einem geliehenen Fahrrad zur Probe. Manchmal sitzt sie auch mit dem Diplom-Pädagogen Guildo Horn (Examensthema: "Die Befreiung von der Vernunft") im Astarix und fachsimpelt über die Vereinbarkeit von Studienabschluss und Karriere. Für Guildo ist das Engagement im Theater alles andere als ein erholsames Jahresend-Vergnügen in der alten Heimat. Zeitgleich zu den Paradise-Vorarbeiten spielt er in Essen "My fair Lady", probt in Köln mit seiner Band für die Weihnachtstour, singt bei Firmenpräsentationen oder läuft für RTL und RPR über Weihnachtsmärkte. Aber irgendwie scheint er aufzublühen bei dem ganzen Stress. Die Arbeit mit dem Trierer Ensemble mache "saumäßig Spaß", es werde "viel gelacht in den Proben". Auch Sanni Luis und Stephanie Wettig schwärmen vor der Atmosphäre unter den Mitwirkenden aus den verschiedenen Sparten - nicht nur während der Arbeit, sondern auch danach. "Wir sind eine ganz schön trinkfeste Truppe", formuliert Guildo etwas weniger diplomatisch. Vor der Premiere ist keinem bange. Guildo Horn sinniert höchstens über die Frage, "wie man die älteren Damen im Abo-Publikum vom Stage-Diving (ein entfesselter Begeisterungs-Sprung von der Bühne in den Saal) abhalten kann". Nächste Woche: Wie Himmel und Hölle geschaffen werden.

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