Die Vision von Rettung und Glück

Wittlich · Liederabend mit Marion Eckstein und Raimund Nolte in der Wittlicher Synagoge.

 Glücklich über starken Applaus in der Wittlicher Synagoge (von links): Pianist Ulrich Eisenlohr, Marion Eckstein und Raimund Nolte. TV-Foto: Martin Möller

Glücklich über starken Applaus in der Wittlicher Synagoge (von links): Pianist Ulrich Eisenlohr, Marion Eckstein und Raimund Nolte. TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Möller (mö) ("TV-Upload M?ller"

Wittlich Es war ein anschauliches, ein inhaltsreiches Entrée - und ein sehr persönliches dazu. Mit Duetten aus dem Opus 28 von Johannes Brahms haben sich Marion Eckstein, Raimund Nolte und Pianist Ulrich Eisenlohr den gut 200 Besuchern in der voll besetzten Wittlicher Synagoge als Interpreten vorgestellt. Und deuteten dabei zugleich an, was sich in den folgenden Sololiedern zutragen würde. Brahms und Gustav Mahler - als sie ihre Lieder schrieben, lag Robert Schumanns "Liederjahr" 1840 schon mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Schon im bedächtigen Rhythmus des ersten Duetts machen beide Sänger bewusst: Die Liedkunst von Brahms und im zweiten Teil die von Mahler ist anders als Schumann - reflektierter vielleicht, häufig sicherlich verschlossener. Gerade Brahms distanziert sich vielfach von Schumanns euphorischem Überschwang. Aber er nimmt auch Abstand von Überlautem, von angestrengtem Überreden-Wollen, von klangfülliger oder sängerisch-virtuoser Selbstdarstellung bei Liszt oder Wagner. Diese Musik, die nachzudenken scheint noch während sie erklingt, sie ist bei Marion Eckstein bestens aufgehoben. Die Altistin bringt Klangkultur und Textprägnanz sorgfältig auf einen Nenner.
Da verbinden sich literarische und musikalische Aspekte so überzeugend, dass in Ulrich Eisenlohrs technisch brillanter Klavierbegleitung die Tendenz zur Überpräsenz kaum mehr auffällt. Raimund Nolte freilich setzt im Brahms-Liedblock einseitig auf die Intensität seines sonoren Bassbaritons - eindrucksvoll im Klang, aber in der Sprache allzu unauffällig und fast beiläufig.
Anders Mahlers "Wunderhorn"-Lieder. Ulrich Eisenlohrs farbenreicher Begleitung ist anzuhören, dass sich im Klaviersatz schon die spätere Orchesterfassung verbirgt. Aber die Interpreten verlegen sich nicht auf orchestrale Wucht. In Raimund Noltes Stimm-Energie klingt das Gebrochene, Zweifelnde bei Mahler mit - das Bittere im naiv Volkstümlichen, das Schrille in scheinbar unreflektierter Heiterkeit. Und Marion Ecksteins Alt glänzt erneut mit der engen Verbindung von Sprache und Klangkultur - schlicht und dabei höchst subtil im "Urlicht", das Mahler in seine 2. Sinfonie übernahm. "Der liebe Gott wird mir ein Lichtlein geben" - eine leise, eindringliche Vision von Rettung und Glück.

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