Die "graue Eminenz" im Festspielhaus

Im Alter von 63 Jahren ist Gudrun Wagner, die Ehefrau des Leiters der Bayreuther Festspiele, Wolfgang Wagner, gestorben. Sie erlag unerwarteten Komplikationen nach einer Operation.

Bayreuth. (dpa/DiL) "Ich bin mein Mann", soll Gudrun Wagner einst einen Anrufer beschieden haben, der den Bayreuther Festspielchef Wolfgang Wagner sprechen wollte. Das Zitat ist nicht belegt, diente aber seitdem als Bonmot für die Rolle von Wagners zweiter Ehefrau: Sie galt als die heimliche Herrscherin über die Festspiele, als diejenige, die — erst recht mit zunehmendem Alter des heute 88-jährigen Wagner — das Zepter auf dem "Grünen Hügel" schwang. Die "Steuerfrau der letzten Jahre" nannte sie der bayerische Kulturminister Thomas Goppel in einem Nachruf. Mit 20 Jahren hatte Gudrun Wagner 1965 im Pressebüro der Bayreuther Festspiele angefangen. Zehn Jahre später wechselte sie als Leiterin in Wolfgang Wagners Büro. Ein Jahr später folgte die Heirat, nachdem beide sich von ihren vorherigen Partnern hatten scheiden lassen. 1978 wurde Tochter Katharina geboren. 1985 machte Wagner seine Frau zur persönlichen Referentin. Sein Plan, sie als seine Nachfolgerin zu installieren, scheiterte jedoch 2001: Der Stiftungsrat der Richard-Wagner-Festspiele hielt sie nicht für geeignet, die Festspiele zu leiten. Seitdem arbeiteten die Wagners mit aller Macht daran, Tochter Katharina auf ihre Rolle als künftige Festspielchefin vorzubereiten und ihre Wahl durchzusetzen.Bei offiziellen Anlässen hielt sich Gudrun Wagner meist im Hintergrund. Sie tat alles, um ihren Einfluss auf Wolfgang Wagner herunterzuspielen. Dennoch galt sie als - durchaus gefürchtete - "graue Eminenz" im Festspiel-Bezirk, was ihr auch mancherlei Hass und Missgunst einbrachte.Für die Nachfolge-Frage in Bayreuth dürfte der überraschende Todesfall den Handlungsdruck erheblich erhöhen, galt doch Wolfgang Wagner zuletzt als kaum mehr handlungsfähig. Der millionenschwere Subventionsbetrieb lebt nicht zuletzt von langfristiger Planungssicherheit. Dem für die Nachfolge-Entscheidung zuständigen Stiftungsrat steht freilich kein leichter Weg bevor, hat doch der auf Lebenszeit gewählte Patriarch noch nicht erkennen lassen, dass er an Rückzug denkt - es sei denn, zugunsten seiner bislang nicht durchsetzbaren Tochter Katharina. Absage: Der überraschende Tod von Gudrun Wagner hat Auswirkungen bis nach Trier. Der Tenor Endrik Wottrich, Lebensgefährte von Wagner-Tochter Katharina, musste seinen für Samstag geplanten Auftritt in der Gala-Aufführung der "Walküre" im Theater Trier absagen. Kurzfristig konnte mit Christian Franz mehr als ein Ersatz gewonnen werden. Er sang den Siegfried im Bayreuther Flimm-"Ring" und gilt seither als größter Heldentenor seiner Generation. Wegen Krankheit musste Anja Kampe absagen. Für sie singt die Bayreuth-erfahrene Irene Theorin. Der Abend ist ausverkauft, eventuelle Rückgabe-Karten an der Kasse. Das Stipendiatenkonzert am Freitagabend in der Promotionsaula des Priesterseminars widmet der Wagner-Verband dem Andenken an Gudrun Wagner.

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