Ein Diener der Musik

Mit David Meier hatte der Musikkreis der Stadt Wittlich einen sehr jungen Pianisten zu einem Rezital eingeladen. In der Wittlicher Synagoge konnte man sich ein Bild davon machen, warum der Künstler in jüngster Zeit bei internationalen Wettbewerben einen Preis nach dem anderen einfährt.

 Mit unglaublicher Tiefe gestaltete David Meier seinen Klavierabend in der Wittlicher Synagoge. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Mit unglaublicher Tiefe gestaltete David Meier seinen Klavierabend in der Wittlicher Synagoge. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Wittlich. Ein Flügel ist ein großes Instrument, meist mit einer noblen schwarzen Hochglanzpolitur versehen, und hinterlässt, egal wo er steht, einen repräsentativen Eindruck. Viel wichtiger aber als die visuelle Wirkung sind die inneren Werte. Wenn die nicht stimmen, hat man ein Möbelstück, auf dem man sehr effektvoll Blumen abstellen kann. Für den Steinway in der Wittlicher Synagoge ist diese Beschreibung, zugegebenermaßen, etwas überzeichnet, aber eben nur etwas. Man mag gar nicht glauben, dass dieses Instrument vor nicht allzu langer Zeit überholt worden ist. Zumindest, wenn man einen Pianisten vom Niveau eines David Meier für ein Rezital an dieses Klavier setzt, werden die Schwachpunkte in einem erheblichen Ausmaß deutlich. Töne, die im sanften Piano nicht ansprechen, Saiten, die von Dämpfern zu unharmonischem und äußerst störendem Schnarren gebracht werden. Dazu scheppernde Bässe und ein eher hölzern klingender Diskant. Der junge Pianist Meier ließ sich davon nicht beeindrucken und gestaltete einen Abend, der es in sich hatte. Sein Konzert war keine unterhaltsame Abendveranstaltung, bei der man sich geruhsam zurücklehnen konnte. Die ganze ungeteilte Aufmerksamkeit der Zuhörer war gefragt, von den ersten Takten an. Diese stammten aus Viktor Ullmanns Sonate Nr. 3, die 1940 im Druck erschienen ist. Die packende Art, wie Meier dieses großartige Werk anging, konnte das Publikum nicht kalt lassen. Aber es sollte noch gewichtiger, noch beeindruckender kommen. Auf dem Programm fanden sich von Ludwig van Beethoven die "Eroica-Variationen" Opus 35 und als Finale des Abends die c-Moll-Sonate, Opus 111. Mit welcher Empathie sich Meier diesem gewaltigen Opus widmete, war schier unglaublich. Die tiefe Ausdeutung des Notentextes war umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass der Interpret gerade einmal zum Jahrgang 1977 gehört. Keine Effekthascherei, die man einem jungen Musiker ja durchaus zugestehen würde, bestimmte sein Spiel. Er diente der Musik, war ein Medium, durch das Beethoven zu den Zuhörern sprechen konnte. Verständlich und berechtigt war es, dass am Ende neben jubelndem Applaus kräftige Bravorufe dem sichtlich erschöpften Musiker entgegengebracht wurden.

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