Ein Fest der Nuancen

TRIER. Welch ein Duo-Musizieren! Die Geigerin Isabelle Faust und ihre Klavierpartnerin Silke Avenhaus spielten Mozart, Schubert und Brahms herrlich differenziert. Ein Höhepunkt der Kammermusikreihe im Kurfürstlichen Palais Trier.

Schwierig, sehr schwierig diese C-Dur-Fantasie für Violine und Klavier von Franz Schubert! Isabelle Faust und ihre Klavierpartnerin Silke Avenhaus bewältigen die Klippen dieser Komposition perfekt, sie brillieren - nein, mehr: Sie geben dem Virtuosen Substanz. Ein Schubert mit einer Vielzahl von geigerischen Klangfarben und pianistischen Anschlagsarten, dabei völlig frei von Butzenscheiben-Idyllik. Faszinierend zu hören, wie die Geigerin über den planvoll diffusen Klavierfiguren des Beginns schmal, zart, vibratoarm zu ihrer weit gespannten Melodielinie ansetzt und den Ton dann verdichtet. Der Mittelteil mit den Variationen über "Sei mir gegrüßt" entwickelte sich zum reichhaltigen Klangwunder - wie ein Spiegel, der sich allmählich in eine Vielzahl von Kristallen auflöst und doch die Konturen des Lieds beibehält. Und über allem liegt die gleichermaßen spielerische und wehmütige Grundstimmung des "späten" Schubert. Das 4. Kammerkonzert im Kurfürstlichen Palais war eine Summe von reichen Klang-, Ausdrucks- und Stimmungsereignissen. Mag sein, dass in den Ecksätzen von Mozarts A-Dur-Sonate (KV 526) die überschäumende Spielfreude am Klavier und die pianistische Brillanz überwogen und die Geige zuweilen in ein unverdientes Begleiterdasein drängten. Aber im Mittelsatz waren beide da: mit einer enormen Spannweite und Genauigkeit in der Dynamik, mit sicherem Gespür für die freundlich-bedächtige Stimmung des Satzes mit seinen unzähligen Feinheiten. Musik, hintergründig schreitend, erzählend, sich aussingend, gelegentlich gedankenvoll innehaltend. Und nach der Pause die große d-Moll-Sonate von Brahms. Gewiss kein Brahms des großen wuchtigen, grundtönigen Klangs. Isabelle Faust und Silke kultivierten eine Vielzahl von feinen Tönungen, von subtilen Stimmungswechseln, von transparenten, sorgfältig ausgeleuchteten Klanggeweben. Nachdenklich, manchmal unwirklich und geisterhaft und dann wieder mit einer diesseitigen Energie, die mitreißt und begeistert. Ein Fest der Nuancen. Lauter Jubel im Kurfürstlichen Palais.

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