Ein Finale für die Liebe

KÖLN. Es ist soweit: der dritte Teil von "Herr der Ringe" kommt in die Kinos. Die erstenbeiden Teile erbrachten allein an den Kinokassen einen Gewinn von rund einer Milliarde Euro und etablierten Regisseur Peter Jackson als einen der künstlerisch und wirtschaftlich erfolgreichsten Regiekünstler unserer Zeit.

Mit dem letzten Teil der "Herr der Ringe"-Trilogie endet für Sie ein gewaltiges Kinoprojekt. Inwieweit verändern sich die drei einzelnen Filme für Sie im Rückblick? Jackson : Mit dem dritten Teil ist die Trilogie ja nicht nur komplett. Mit einem verfügbaren Finale im Kino bekommen ja auch die vorherigen zwei einen ganz neuen Stellenwert. Der erste Teil ist ja eigentlich nichts anderes gewesen, als immens viele Charaktere vorzustellen. Egal, was vorher ihre Aufgabe war, von nun an haben sie nur noch das Ziel der Zerstörung des Rings. Und natürlich muss schon in dieser Phase deutlich werden, warum dieses Ziel so wichtig ist, warum der Ring böse ist. Ich musste also nur eine gemeinsame Geschichte erzählen, und das so geradlinig wie möglich. Im zweiten Teil gab es aber drei Erzählebenen. Jackson: Genau, die Gefährten teilen sich in Gruppen auf, was vom Standpunkt der erzählerischen Gewichtung sehr schwierig ist. Wir haben uns dazu entschlossen, Aragorn und seinen Kampf in Helms Klamm etwas mehr Platz einzuräumen. Denn eigentlich passiert bei Frodo und seinem Freund, also dem Hauptstrang der Geschichte, nicht viel, außer dass sie auf Gollum treffen. Im dritten Teil konnte ich also von Anfang an in die Story eintauchen, denn ich musste weder die Charaktere noch das Ziel erklären. Wir konnten den Schwerpunkt auch wieder auf Frodo und Sam legen, denn tatsächlich näherte sich ihr Weg dem großen Ende. Die anderen hingegen tun kaum etwas anderes, als Saurons Truppen auf alle erdenklichen Arten in Schach zu halten. Aber alle drei Filme haben auch einen anderen Erzählton. Jackson: Natürlich, der erste ist wohl der malerischste. Schließlich ging es darum, eine Idylle zu zeigen, die bedroht wird. Der zweite Teil ist der dunkelste, denn dort wird man zum ersten Mal unmittelbar mit der Bedrohung konfrontiert. "Die Rückkehr des Königs" ist der gefühlvollste Film der drei. Hier werden die Freundschaften und Verbindungen auf ihre härteste Probe gestellt, denn es geht bei allen um die letzten Kraftreseven, die sie noch haben. Die Helden haben damit ihre größte Chance, sich zu beweisen. Auch wenn die drei Teile fast parallel entstanden sind, welcher war ihnen der liebste? Jackson: Der dritte Film hat mir am meisten Freude bereitet, weil ich mit den Schauspielern sehr gefühlvolle Szenen drehen durfte. Die vorigen Teile, vor allem der zweite, bestanden überwiegend aus technischen Aufgaben, die sowohl darstellerisch, als auch von der Tricktechnik her bewältigt werden mussten. Ich konnte mich also in Teil drei als Regisseur in dieser Phantasiewelt frei bewegen, denn ich musste nichts mehr erklären. Ich durfte mich in den einzelnen Szenen viel mehr auf die Gefühlswelt der Figuren einlassen: Das war wie eine Befreiung. In den finalen 210 Minuten passiert mit und in den Figuren mehr als jemals zuvor, dennoch bleibt vieles nur angedeutet. War das von vornherein die Schwierigkeit von "Rückkehr des Königs"? Jackson: Diese Schwierigkeit war eher in den Teilen davor zu bewältigen, denn wir versuchten die letzten 40 Minuten so kraftvoll wie möglich zu gestalten. Es durfte also keine emotionale Erleichterung passieren, denn das hätte der Spannung geschadet. Der dritte Teil wiederum durfte nicht zu lang geraten fürs Kino, denn sonst neigt der Zuschauer dazu, emotional auszusteigen. Wir haben großartige Szenen zwischen Arwen und Aragorn gedreht, die eigentlich schon im zweiten Teil passieren sollten, aber jegliche Spannung genommen hätten. Wir haben ihrer Liebe dafür im Finale mehr Zeit gegeben. Die Botschaft in Tolkiens Ring-Trilogie heißt ja, dass auch der schwächste die Kraft haben kann, die Welt zu verändern. Glauben Sie, dass Sie mit Ihrer Film-Adaption die Welt verändert haben? Jackson: Himmel, nein! Dazu braucht es mehr als den "Herrn der Ringe". Ich glaube aber schon, dass ich in Hollywoods Unterhaltungsbusiness markante Spuren hinterlassen habe. Vielleicht nicht in dem Sinne, dass noch einmal jemand drei Filme am Stück drehen wird, denn das ist wirklich ein riesengroßes Risiko. Und nur, weil es bei "Herr der Ringe" sehr gut ausgegangen ist, heißt es nicht, dass das wieder funktioniert. Aber zweite und dritte Fortsetzungen von Kinoerfolgen werden ab jetzt möglicherweise direkt hintereinander entstehen, weil es nämlich Geld spart. Eben so, wie es gerade erst bei "Matrix" praktiziert wurde. Was waren für Sie die größte Freude und die größte Angst? Jackson: Die größte Freude ist einfach, an so einem Projekt überhaupt beteiligt gewesen zu sein. Ich habe mich dafür oft für wahnsinnig erklärt. Die größte Angst war für mich, dass die Produktionsfirma New Line mir nach dem Erfolg der "Gefährten" kein Geld für Nachdrehs geben würde, weil sich der Erfolg ja schließlich auch mit dem schon Vorhandenen einstellen würde. Dann wäre ich schon sehr unglücklich gewesen, denn als Regisseur sieht man immer Sachen, die sich noch besser machen lassen. Und hier bestand ja die einzigartige Möglichkeit, nachträglich auf das gesamte Werk einwirken zu können. Aber mit sowas hat New Line nie gedroht. Sie gelten nun als Favorit für den Regie-Oscar. Arbeiten Sie schon an einer Rede? Jackson: Aber nein. Und ich bin mir gar nicht sicher, ob ich als Regisseur tatsächlich eine Chance habe. Erfahrungsgemäß ist das Fantasy-Genre nicht unbedingt eines, das vor den Augen der Academy-Jury Gnade findet. Sie nehmen es nicht wirklich ernst. Aber ich persönlich würde schon gerne den Oscar bekommen. Ihr nächstes Projekt ist eine Neuverfilmung von "King Kong"? Jackson: Nun ja, "King Kong" von 1933 ist zwar mein Lieblingsfilm, aber es gibt noch nichts Konkretes für eine Neuverfilmung. Ich neige im Moment dazu, so ziemlich alles anzunehmen, wenn daraus nur ein einziger Film wird. Drei Filme auf einmal, das war eine interessante Erfahrung. Aber die muss ich so schnell nicht noch einmal erleben. Das Gespräch führte unser Mitarbeiter Uwe Mies.

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