Ein Fluchtort für den Kaiser

TRIER. Eine Wanderausstellung über den kaiserlichen Landsitz von Tiberius macht derzeit in den Trierer Viehmarktthermen Station.

Das muss man den alten Römern lassen: Bauen konnten sie. Hoch über dem Meer auf einem Felsen liegt die Ruine der Villa Jovis. Weit reicht der Blick übers Meer bis zum Vesuv und den Sagen umwobenen Inseln der Sirenen. Noch im Verfall lässt die gewaltige Anlage ahnen, welch ein Prachtbau sich einst hier erhob. Auf der östlichen Spitze der Insel Capri hatte sich der römische Kaiser Tiberius (14-37 n. Chr.) ein imposantes Landhaus errichten lassen.Eigentlich war die Villa eher ein Palast, in den sich der menschenverachtende Schwieger- und Adoptivsohn des legendären Augustus zum Ende seines Lebens zurückzog. Noch im Verfall wirkt die Anlage majestätisch, die einst acht Stockwerke über 40 Meter Höhe und eine Grundfläche von 7000 Quadratmetern umfasste. Einen Bau für alle Jahreszeiten hatte der melancholische Herrscher in Auftrag gegeben. Neben den Wohnräumen und den Trakten für den kaiserlichen "Hofstaat" besaß die Residenz große Bäder, durch deren nach Süden gerichtete Fenster selbst im Winter das wärmende Sonnenlicht fiel. Säulengänge, Seerosenteiche, Grotten und Vogelhäuser machten aus dem weltabgeschiedenen Refugium des Herrschers ein romantisches verwunschenes Paradies. Selbst eine Sternwarte hatte sich der Kaiser bauen lassen. Leseräume und eine ausgedehnte Bibliothek gehörten ebenso zur Ausstattung der prachtvoll ausgestatteten Villa.Tiberius war in jeder Hinsicht ein Genießer, der es wohl kaum bei den geistigen Köstlichkeiten beließ. Die Wände seiner Schlafzimmer schmückten galante Szenen, und des Kaisers "Sofazimmer" scheint mit lauter Lotterbetten möbliert gewesen zu sein.Der Kaiser war empfindlich. Üble Küchengerüche hielt ihm der Architekt mittels eines entlegenen Küchentrakts fern. In riesigen Zi-sternen wurde stets frisches Trinkwasser vorgehalten. In das zauberhafte Capri hatte sich der Herrscher, der angeblich immer mit "steifem Nacken und ernster Miene" einher ging, verliebt, als er, um seine Söhne trauernd, eine Reise durchs Land angetreten hatte. Bevor er die "Villa Jovis" baute, besaß er bereits eine Reihe anderer Landhäuser auf der idyllischen Insel, die es schon seinem Schwiegervater angetan hatte. Besonders der schwierige Zugang über eine schmale Landzunge soll den Herrscher als Ort seiner Weltflucht überzeugt haben.Für Archäologen und Altertumsforscher ist die "Villa Jovis" so etwas wie "die Mutter aller Paläste", der Inbegriff antiker herrschaftlicher Wohnkultur.Freilich sind die Überreste der Kaiservilla mittlerweile zum Sorgenkind der Wissenschaftler geworden, wie Bauforscher Clemens Krause bestätigt. Der ehemalige Direktor des Schweizerischen Instituts in Rom hat da- her eine Wanderausstellung erarbeitet, die dem kaiserlichen Landsitz neue Freunde gewinnen soll. In den Viehmarktthermen warten informative Tafeln zur Villa und ein schönes Modell auf die Besucher.Bis 20. Februar; di.-so. 9 bis 17 Uhr.

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