Ein Held in Kutte

KÖLN. Pünktlich zum Reformationstag startet der Film "Luther" in den deutschen Kinos. Neben ihren Schauspieler-Kollegen Joseph Fiennes, Sir Peter Ustinov und Alfred Molina zeigen unter anderem Uwe Ochsenknecht und Mathieu Carrière internationales Profil.

 Provokation in Wittenberg: Luther (Joseph Fiennes) schlägt die Thesen an.Foto: Ottfilm

Provokation in Wittenberg: Luther (Joseph Fiennes) schlägt die Thesen an.Foto: Ottfilm

Warum haben Sie sich mit dem Menschen Martin Luther auseinandergesetzt?Till: Es war mir viel daran gelegen, diesen Gentleman wieder so ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, wie er es verdient. Ich hatte das Gefühl, dass seine Präsenz in den Köpfen sehr vieler Leute langsam zu verblassen beginnt. Das zeigte sich dann auch in närrischen Fragen wie: "Warum gehen Sie ausgerechnet nach Deutschland, um einen Film über Martin Luther King zu drehen?" Außerdem erschien mir dieser Film eine natürliche Weiterführung dessen zu sein, was ich mit dem Bonhoeffer-Film begonnen hatte. Tatsächlich wurde ich unmittelbar nach einer Vorführung von "Bonhoeffer" in New York vom Produzenten Christian Stehr darauf angesprochen, ob ich nun nicht einen Luther-Film machen wolle. Damit hatte er meine Leidenschaft geweckt. Für einen Filmregisseur ist es unwiderstehlich, eine der größten Geschichten der Menschheit zu erzählen.Wie haben Sie sich vorbereitet?Till: Gerade erst hatte ich einen Zeitschriftenartikel gelesen, der die wichtigsten Momente der Menschheitsgeschichte auflistete. Dieser Beitrag führte Luther an erster Stelle an. Als ich begann, mich mit diesem Menschen auseinanderzusetzen, wurde mir erst bewusst, wie wenig ich über ihn wusste. Er war eine auflergewöhnliche, sehr dramatische Figur. Natürlich wusste ich, dass es eine gewaltige Aufgabe sein würde, diesen Film zu machen, weil Luthers Leben lang und komplex war. Wir haben uns letztendlich dazu entschieden, keinen Film über das Christentum zu machen, sondern über diesen Mann. Der christliche Glaube als essentieller Bestandteil seines Lebens würde so ein ganz natürlicher Bestandteil des Filmes werden.Wie wichtig war Ihnen die historische Authentizität?Till: Sie war uns sehr wichtig, wobei uns immer klar war, dass wir sie an bestimmten Stellen würden biegen müssen. Ich hatte oft das Gefühl, dass Theologen und Filmemacher einen unterschiedlichen Film für sich beanspruchen. Die Ansprüche dieser beiden Parteien unterscheiden sich zuweilen voneinander. Man könnte leicht in eine Falle laufen und den Film mit Details beladen, die die Sicht auf das Drama versperren. Vor diesem Problem steht man immer, wenn man eine Biografie verfilmt. Wir wollten so korrekt sein, wie es uns nur möglich war und ich glaube, wir haben es ganz gut hingekriegt. Es gibt einige Erfindungen, so hat zum Beispiel das Treffen von Luther und Friedrich dem Weisen nicht stattgefunden. Wir haben diese Szene in den Film gebracht, um dem Publikum zu zeigen, was diese beiden Herren füreinander empfunden haben. Es gibt erfundene Figuren, zum Beispiel die Mutter mit dem missgebildeten Kind, die dramaturgisch notwendig waren.War "Luther" ihre erste Wiedervereinigung mit Sir Peter Ustinov nach ihrem Film "Das Millionending" aus 1968?Till: Die erste Zusammenarbeit, ja. Aber wir haben uns immer mal wieder getroffen, wenn einer von uns in der Nähe des anderen gedreht hat oder er mal wieder auf Tour war, um seine Bücher zu signieren.Welche Meinung haben Sie sich über die Qualität deutscher Schauspielkunst gebildet?Till: Oh, sie ist wunderbar. Sie haben einige der erstaunlichsten Schauspieler. Bei beiden Filmen habe ich diese Erfahrung gesammelt. Auf der einen Seite bringen sie Theater-Disziplin ins Kino, auf der anderen Seite sind sie sich der unterschiedlichen Anforderungen dieser beiden Medien genau bewusst. Ich möchte gar keine Namen besonders hervorheben, denn es waren so viele, die so gut waren.Ist Luther ein Held für Sie?Till: Oh ja, ohne jeden Zweifel. Es ist regelrecht Angst einflößend, wie mutig ein Mensch sein muss, der in Luthers Situation nicht widerruft. "Hier stehe ich" - das ist übrigens der Satz, den die meisten Menschen dann doch sofort mit Luther in Verbindung bringen. Das Gespräch führte unser Mitarbeiter André Wesche.

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