Ein "Meister der Schmähung"

LUXEMBURG. Immer nur Picasso, Miró oder Dalí? Spanien hat ungleich mehr an moderner Kunst zu bieten. Im Rahmen des Programms "Spanische Kunst im Ausland" zeigt das Luxemburger Nationalmuseum eine Werkschau des Malers Eduardo Arroyo.

Was ist ein politischer Maler? Einer, dessen Werk lauthals anklagt oder einer, dessen Farben und Formen Unrecht und Gewalt zum Himmel schreien? "Ich habe nie gewusst wie man ein politisches Bild malt", beteuert Eduardo Arroyo, "genauso wenig wie ich jemals an eine malerische Sendung geglaubt habe." In der Tat haben die großformatigen Arbeiten des Spaniers, die derzeit das Luxemburger Nationalmuseum zeigt, nichts von dem, was gemeinhin als engagierte Kunst bekannt ist. Weder der gellende Protestschrei noch das Pathos des Leids sind Arroyos Ding. Stattdessen sind die Bilder des Spaniers bunte Geschichten. Nur wer genau hinschaut, sieht die Schwarzmalerei darin. Denn schließlich ist der 1937 geborene Künstler, der heute zu den bekanntesten Malern seines Landes gehört und sich längst einen Platz in jeder Kunstgeschichte gesichert hat, trotz seiner Beteurungen ein hochpolitischer Künstler. Was Wunder - spielte doch die Politik im Leben des gebürtigen Madriders von Anfang an eine zentrale Rolle. Als Sohn eines kunstliebenden Apothekers, der sich nach anfänglicher Begeisterung enttäuscht vom Franco-Regime abwandte, kommt der junge Spanier zum ersten Mal mit der politischen Wirklichkeit seines Landes in Berührung. Die angestrebte Laufbahn als Publizist und Journalist wird jäh unterbrochen, als der Franco-Gegner Arroyo Junior 1958 Spanien verlassen muss. Er geht nach Paris und beginnt zu malen, was alle Exil-Spanier damals malen: Bilder gegen das Franco-Regime und Bilder vom Stierkampf. Was nun macht die politische Substanz dieses Künstlers aus, der immer wieder als "Spezialist des Pamphlets" und als "Meister der Schmähung" bezeichnet und mancherorts gefeiert wird. Keine Frage: Eduardo Arroyo hat gesellschaftliche Verhältnisse und politische Gewalt dargestellt. Indes - und das wird in Luxemburg gut sichtbar - er hat sie malerisch auf ihr menschliches Maß reduziert. Mehr noch: In Arroyos Bildsprache wird die Gewalt zu einem kindlich naiven Bedürfnis, das dem Menschen und seiner Alltagswelt zu eigen ist. Im bunten spöttischen Realismus des Spaniers trägt der Wolf seinen Straßenanzug unterm Schafspelz. In "Irun-Hendaye" wird die Bombadierung der Heimat zum vermeintlich harmlosen touristischen Ausflugsziel. Und die Herren im Kreml sind eigentlich nichts als Mickey-Mäuse im politischen Disneyland. Von der menschlichen Komödie erzählen auch die anderen Collagen und popartigen Bilder des Autodidakten, seine Interieurs im "Stil Napoleon" und sein " Grauer Vorhang", hinter dem eben noch ein flüchtiger Schuh zu sehen ist. Ohren und Augen hat Arroyos Nacht, deren Schwärze angefüllt ist mit Gerüchten und Heimlichkeiten. Und auch der "Maler" der sein Modell mit den Farben seiner Hände und seines Kopfes zum Leben erweckt, gehört wie Arroyos Porträts zu jener Menschenwelt des Künstlers, die zuweilen gefährlich, aber bei Licht besehen nicht so ganz ernst zu nehmen ist. Die Welt ist ein Kinderspiel aus bunten Puzzleteilen, besser noch, ein Spiel von Kindern, die nicht erwachsen werden. Arroyos Weltsicht hat unzweifelhaft etwas für sich. Bis 14. März, Di - So 10-17 Uhr, Info: 00352 479330-1

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